Hier entsteht eine neue Internetpräsenz der Theoriestudenten.
Saskia Plankert studierte an der HAWK Hildesheim Gestaltung mit dem Schwerpunkt Grafikdesign. Seit 2014 ist sie an der Hochschule Hannover, Fakultät für Medien, Information und Design als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig und promoviert an der HBK Braunschweig. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u. a. die Entwicklung neuer Formate für Weiterbildungen unter besonderer Berücksichtigung gestalterischer Kriterien.
Bildung ist zu einem der zentralen Themen im 21. Jahrhundert geworden. Nicht zuletzt durch den Perspektivwechsel vom Lehren zum Lernen, rücken die Lernenden immer stärker in den Fokus, »was zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber der Gestaltung von Lernarrangements führt«[1]. Während des Vortrags soll es darum gehen, die in den Blick genommenen Lernarrangements mithilfe eines interdisziplinären Zugangs zu beschreiben, potentielle Lücken zu definieren sowie bislang vernachlässigte Untersuchungsfelder aufzuzeigen. Unter zur Hilfenahme benachbarter Wissenschaften können wir so neue Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Lernen, Raum und Design generieren und eine Annäherung an die zentrale Frage wagen, wie Gestaltung Lernprozesse beeinflussen kann.
[1] Stang, Richard: Lernwelten im Wandel. Entwicklungen und Anforderungen bei der Gestaltung zukünftiger Lernumgebungen, Berlin/Boston 2016, S. V.
Prof. Dr. Jürgen Karl Herr Peissig ist seit 2014 Professor für Nachrichtenübertragungssysteme an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik der Leibniz Universität Hannover. Der promovierte Physiker baute u.a. das Sennheiser Forschungslabor in Palo Alto mit den Schwerpunkten Technology Scouting und Digitale Signalverarbeitung für Audio und Elektroakustische Wandler auf. Derzeit leitet er am Institut für Kommunikationstechnik der Leibniz Universität Hannover die Arbeitsgruppe Nachrichtenübertragungssysteme mit den Bereichen Audio- und Akustik-Kommunikation sowie Statistische Signalverarbeitung und digitale Übertragungssysteme.
Prof. Thomas Görne arbeitete nach seinem Studium der Elektrotechnik und Akustik als freiberuflicher Filmtonmeister. An der Universität Potsdam war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in Forschungsprojekten zu Musikalischer Akustik. 2004-2008 war er Professor für Theorie der Musikübertragung an der Detmolder Hochschule für Musik. Seit 2008 ist er Professor für Audiodesign und Leiter des Tonlabors an der HAW Hamburg, und er verantwortet seit 2015 das jährliche künstlerisch-wissenschaftliche Symposium „klingt gut“. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen „Mikrofone in Theorie und Praxis“ (Elektor 1994), „Tontechnik“ (Hanser 2006) und „Sounddesign: Klang Wahrnehmung Emotion“ (Hanser 2017).
Sebastian Misztal studierte Bachelor- und Master-Studium der Angewandten Informatik an der Hochschule Hannover, anschließend Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Hannover, Themenschwerpunkte: Computergrafik, Visualisierung, HCI, Usability, VR/AR, Serious Games. Mitarbeit an dem Forschungsprojekt „epicsave“ (Enhanced ParamedIC vocational training with Serious games And Virtual Environments), das im Rahmen des Programms Digitale Medien in der beruflichen Bildung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert wird.
Dr. Michael Gaebler studierte Kognitions- und Neurowissenschaften in Osnabrück, Montreal, Paris und London, bevor er an der Charité/Humboldt-Universität Berlin promovierte. In seiner Arbeit am Max-Planck-Institut in Leipzig erforscht er, wie mentale Prozesse (d.h. Denken und Fühlen) neurophysiologisch realisiert sind. Dazu kombiniert er u.a. VR mit Messungen der Hirnaktivität.
Dr. Michael Gaebler studierte Kognitions- und Neurowissenschaften in Osnabrück, Montreal, Paris und London, bevor er an der Charité/Humboldt-Universität Berlin promovierte. In seiner Arbeit am Max-Planck-Institut in Leipzig erforscht er, wie mentale Prozesse (d.h. Denken und Fühlen) neurophysiologisch realisiert sind. Dazu kombiniert er u.a. VR mit Messungen der Hirnaktivität.
Unter welchen Bedingungen Menschen in mit künstlerischen oder technischen Mitteln erzeugte Welten eintauchen und sich Immersion vollzieht, ist eine der sehr kontrovers diskutierten Fragen innerhalb der Medien-, Design- und Theaterwissenschaften. Aber was hat die Hirnforschung zu dieser Frage bisher herausgefunden?
In seinem Vortrag stellt Michel Gaebler vom Max-Institut in Leipzig (auch eigene) Ergebnisse zur Psychologie und Neurophysiologie der Immersion und des emotionalen Erlebens virtueller Welten vor. Daraus und aus seinem generellen Verständnis darüber, wie das Gehirn funktioniert, leitet er Vorschläge für die VR-Entwicklung ab.
Prof. Thomas Bremer studierte freie Kunst an der HfBK Hamburg, 18 Jahre Berufserfahrung in der Medien- und Entertainment-Industrie. Er hat für internationale Einrichtungen (Stiftung Preussischer Kulturbesitz, National Gallery London, u.a.) und Konzerne (Volkswagen AG, Deutsche Telekom AG u.a.) gearbeitet. Er forscht seit 2006 intensiv in den Bereichen Game Studies, Game Technologie und Game Design. Von 2003 bis 2010 war er Professor für Medienkonzeption und Mediengestaltung im internationalen Studiengang Medieninformatik. 2007 hat er das Kompetenzfeldes der digitale Spiele (heute: GAME CHANGER) an der HTW Berlin aufgebaut. Seit 2010 Professor für Game Design und Studiengangssprecher des Studiengangs Game Design, seit 2013 Sprecher des Forschungsclusters GAME CHANGER, von 2014 – 2016 Mitglied des Akademischen Senats der HTW Berlin. 2016 Gründung des DE:HIVE Institut
Spiel und Arbeit sind nach Huizinga streng von einander zu trennen. Doch in der Lebenswelt der Gegenwart sind die Übergänge fließend geworden. Arbeit nutzt Elemente des Spiels und Spiel wird zur Arbeit. Dabei wird die Immersion zunehmend zu einem Schlüsselelement der Weltgestaltung. Der Begriff der Immersion kann einerseits technologisch und andererseits erlebnisbezogen aufgefasst werden. Der Vortrag nimmt anhand von Beispielen eine Klärung des Begriffes Immersion in Bezug zu vergangenen und gegenwärtigen Spiel- und Arbeitswelten vor und stellt Abgrenzungen und Bezüge zu Begriffen wie Flow und Versenkung her. In Bezug auf das Spiel wird eine Unterscheidung zwischen selbstbestimmten und programmierten Spielen / fixierten Regelwerken vorgenommen. Und so endet der Vortrag mit dem Plädoyer: BRECHT IMMERSION.
Prof. Dr. Linda Breitlauch studierte Betriebswirtschaftslehre, bevor sie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg ein Studium der Film- und Fernsehdramaturgie absolvierte. 2008 promovierte sie über Dramaturgie in Computerspielen. Neben Projektleitungen im Export- und Verlagswesen führte sie als Creative Producer u. a. verschiedene Filmprojekte durch, verfasste Drehbücher, Spielkonzepte sowie wissenschaftliche und fachjournalistische Beiträge. Von 2001 bis 2006 entwickelte sie innerhalb eines Hochschulverbundes Lern- und Spielprojekte für Hochschulen und den Medienbereich. 2007 wurde Linda Breitlauch zur ersten Professorin für Gamedesign an die Mediadesign Hochschule in Düsseldorf berufen. 2013 wechselte sie als Fachbereichsleiterin Medienwissenschaft an die GA Hochschule der digitalen Gesellschaft und hat als Gründungspräsidentin die Etablierung der ersten spezialisierten Games Hochschule in Deutschland begleitet. Seit April 2014 lehrt sie Game Design im Studiengang „Intermedia Design“ an der Hochschule Trier.
Julia Bahn arbeitet seit 2013 im Bereich Setdesign/Szenographie in immersiven Performance-Installationen und narrative Spaces. Zuletzt als Assistentin bei Mona el Gammals „Rhizomat“ im Rahmen der „Immersion“- Veranstaltungsreihe der Berliner Festspiele, und dem dort gefilmten VR-Film in Koproduktion mit ‚arte‘.
Dr. des. Leon Gabriel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr Universität Bochum. 2017 promovierte er am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe Universität Frankfurt mit der Arbeit „Bühnen der Altermundialität: Vom Bild der Welt zur räumlichen Theaterpraxis“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf szenischem wie philosophischem Denken von Räumlichkeiten und (Post-)Globalität, ebenso wie in der Befragung von Epistemen der Wahrnehmung. 2013 co-organisierte er die internationale Konferenz „Denken (auf) der Bühne“. Er ist zudem Teil des Frankfurter Performancekollektivs Arty Chock.
Thomas Hallet, Jahrgang 1959, kam vom Studium der Agrarwissenschaften (Universität Bonn) zum Wissenschaftsjournalismus und zum WDR. Dort war er viele Jahre Leiter des Fernseh-Ressorts Wissenschaft, diplomierte in Media Management (Bournemouth University) und ist seit 2017 im WDR zuständig für Virtual Reality- und 360 ° Grad-Projekte.
Geschichten sind immer schon immersiv wirksam gewesen: Ein Text zieht uns aus der Realität in ein anderes, vom Autor oder der Autorin konstruiertes Geschehen; Bilder und Filme können Vorstellungen von anderen Welten erzeugen und uns dort “fesseln”. Aber mit 360° und Virtual Reality (VR) ist es möglich, unsere Wahrnehmung und unser Erleben unmittelbar stark zu verändern – vom Hier und Jetzt können sie uns an andere Orte oder in frühere Zeiten versetzen. Die VR-Technologie gibt den Erzählern und Berichterstattern neue Möglichkeiten in die Hand. Wie gehen sie damit um, welche Realitäten erschaffen sie und wie gelingt es ihnen, Immersion und Erleben intensiv zu gestalten?
Der WDR hat in kurzer Zeit drei größere VR-Projekte realisiert und dabei versucht, Antworten auf diese Fragen zu finden; zuletzt mit dem “Bergwerk in VR und 360°”.
Prof. Dr. Ulrike Haß lehrte Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum bis Herbst 2016. Lehrtätigkeit u.a. in Paris X Nanterre, Universität Frankfurt a.M. Arbeitsschwerpunkte: Räume in Theater, Öffentlichkeit und Szenographie, griechische Antike, Topologie des Chores, Ästhetik des Gegenwartstheaters, Elfriede Jelinek. Veröffentlichungen u.a.: Das Drama des Sehens. Auge, Blick und Bühnenform, München 2005; Mark Lammert Bühnen Räume Spaces, Berlin 2013; (Mit-Hg.) Bühne: Raumbildende Prozesse im Theater, München 2014; (Mit-Hg.) Episteme des Theaters. Aktuelle Kontexte von Wissenschaft, Kunst und Öffentlichkeit, Paderborn 2016.
Der Vortrag bezieht sich auf jenen „Weltinnenraum“, mit dem Rilke 1914 die Grunderfahrung der Moderne kennzeichnete, in einer Welt ohne Jenseits und Ausgang zusammengedrängt zu werden. Im Global Age gewinnt diese Erfahrung an Evidenz, von daher erhält auch der Begriff der Immersion erhöhte Aufmerksamkeit. „Immersive Räume“ zeichnen sich dadurch aus, dass jede privilegierte Einsicht (Zentralperspektive) oder Übersicht (Panoptikum) entfällt. Das kann als ein Problem des Rahmens beschrieben werden, der in (s)eine Umgebung zurücktritt (z.B. in FOLK von Romeo Castelluci 2012). Die Spiegelrelation ‚klassischer‘ Subjektivität wird unterlaufen, was ein Eintauchen in die Situation bewirkt. Dieses Merkmal der Immersion kann unter optischen oderunter räumlichen Registern analysiert werden.
Prof. Wilfried Köpke lehrt seit 2004 an der Hochschule Hannover als Professor für Journalistik mit den Schwerpunkten Kultur und Fernsehen. Seit und nach seinen Studien der Philosophie, Erwachsenenpädagogik, Theologie, Journalistik und Kuratieren in München, Frankfurt, Hannover und Berlin arbeitet er als freier Autor und Journalist u.a. für SAT.1´(Redakteur), ARTE, ARD-Anstalten, Die Zeit u.a.
Eine wesentliche Tradition des Journalismus besteht darin, soziale, kulturelle und geographische Grenzen für den Rezipienten und die Rezipientin zu überwinden. Auf den ersten Blick scheinen die neuen Möglichkeiten das noch umfassender zu ermöglichen. Die technische Umsetzung und der Aufwand auf Kommunikator- wie Rezeptionsseite werfen allerdings Fragen auf zur Qualität der Recherche, dem Verhältnis von Inhalt und Form und der angestrebten journalistischen Aktualität.
Prof. Dr. Doris Kolesch ist Professorin für Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und Co-Sprecherin des Sonderforschungsbereichs „Affektive Societies“, in dem sie ein Forschungsprojekt zu affektiven Dynamiken in immersiven Theaterformen leitet. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören Theorie und Ästhetik von Theater und anderen Künsten, Theorien des Performativen, Stimme und akustische Kultur sowie kulturwissenschaftliche Affekt- und Emotionsforschung.
Am Beispiel immersiver Situationen untersucht der Vortrag Verflechtungen zwischen Alltagswelten, Medientechnik und performativen Künsten. Denn sowohl in der Theater- und Performancekunst als auch in einem weiten Spektrum von Arbeits-, Konsum- und Erlebniswelten gewinnt Immersion als Erfahrung der Verflüssigung von Grenzen und Räumen zunehmend an Bedeutung. Dabei werden wesentliche Aspekte immersiver Theaterformen charakterisiert, etablierte Konzepte von Immersion kritisch erläutert und das Eindringen des Immersiven in den mediatisierten Alltag diskutiert. Abschließend wird nach der seismografischen Signifikanz des Immersiven gefragt: Was sagt es über unsere Gegenwart aus, dass immersive Situationen allgegenwärtig werden?
Prof. Dr. Nikolaus Müller-Schöll ist Professor für Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und zugleich Leiter der Masterstudiengänge Dramaturgie und Comparative Dramaturgy and Performance Research. Schwerpunkte seiner Forschung sind u.a.: Alterität, die Geste, Darstellen ‘nach Auschwitz”, Theaterarchitektur als gebaute Ideologie, Politische und Polizeiliche Dramaturgie, Identitätspolitik und Institutionenkritik. Darüber hinaus arbeitet er weiterhin zu den Gegenständen seiner Dissertation und Habilitation: Zu Benjamin, Brecht, Heiner Müller, Kleist, zur Politik (in) der Darstellung sowie zum “Komischen als Paradigma der Modernitätserfahrung”.
Der Vortrag geht von einer doppelten Hypothese aus: Was heute als „Immersion“ in den Darstellenden Künsten bezeichnet wird, erweist sich bei genauerem Hinsehen aus Gründen, die nicht rein akzidentieller Natur sind, als Illusion. Zugleich aber kann keine Illusion ohne ein Moment der Immersion gelingen. Ausgehend von der neueren Forschungsdiskussion zu Illusion und Immersion und in kritischer Distanz zu ihr werde ich diese Doppelhypothese in zwei Schritten zu entwickeln versuchen: Zum einen, in einer Darstellung des Verhältnisses von Illusion und Immersion; zum zweiten in der ‚Lektüre‘ der Durational Performance Installation „Temporary Title, 2015“ von Xavier le Roy. Vorgeblich immersiv angelegt, ist sie tatsächlich insofern bereits eine immanente Kritik des Immersiven, als sie im von Performer*innen und Zuschauer*innen geteilten Raum an immanenten Refugien der Distanz arbeitet.
Sybille Meier, geboren 1971 bei Freiburg, studierte Germanistik, Latein und Altgriechisch an der Universität Heidelberg. Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Gründung einer eigenen Theatergruppe und Regieassistenzen am Theater der Stadt Heidelberg. 1999 Engagement als Dramaturgin für Öffentlichkeitsarbeit am Theater an der Ruhr. 2001 wechselte sie als Dramaturgin an das Düsseldorfer Schauspielhaus. Von 2007 bis 2013 war sie Dramaturgin am Schauspiel Köln unter der Intendanz von Karin Beier, mit der sie 2013 ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg wechselte. Neben ihrer Arbeit als Dramaturgin übernahm sie verschiedene Lehrtätigkeiten: am Institut für Medienkultur und Theater an der Universität zu Köln, im Studiengang „Performance Studies“ an der Universität Hamburg, an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und an der Zürcher Hochschule der Künste. Mit SIGNA arbeitet Sybille Meier seit mehr als zwölf Jahren kontinuierlich als Dramaturgin und Performerin zusammen. Ihre erste gemeinsame Arbeit am Schauspiel Köln 2007/08, „Die Erscheinungen der Martha Rubin“, wurde zum Theatertreffen nach Berlin eingeladen.
Mit theaterüblichen Begrifflichkeiten ist den Arbeiten von SIGNA kaum beizukommen. Es gibt keine „Zuschauer und Zuschauerinnen“, sondern allenfalls ein „Publikum“. „Aufführung“ trifft das Stattfindende ebenso wenig wie „Vorstellung“. Und wie ist die a posteriori formulierte Kategorie „immersives Theater“ auf den Entstehungsprozess solcher Arbeiten anwendbar? Gibt es gar „Proben“ oder wird ein „Bühnenbild“ gebaut? Wie unterscheidet sich der Entstehungsprozess bei SIGNA von den sonst üblichen Produktionsformen am Stadttheater? In welchem künstlerischen Zusammenhang steht der Produktionsvorgang mit dem Ereignis? Die ästhetische Bedeutung des Produktionsvorgangs an sich soll anhand von konkreten Beispielen aus Sicht der Theaterpraxis näher erläutert werden.
Sybille Meier, geboren 1971 bei Freiburg, studierte Germanistik, Latein und Altgriechisch an der Universität Heidelberg. Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Gründung einer eigenen Theatergruppe und Regieassistenzen am Theater der Stadt Heidelberg. 1999 Engagement als Dramaturgin für Öffentlichkeitsarbeit am Theater an der Ruhr. 2001 wechselte sie als Dramaturgin an das Düsseldorfer Schauspielhaus. Von 2007 bis 2013 war sie Dramaturgin am Schauspiel Köln unter der Intendanz von Karin Beier, mit der sie 2013 ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg wechselte. Neben ihrer Arbeit als Dramaturgin übernahm sie verschiedene Lehrtätigkeiten: am Institut für Medienkultur und Theater an der Universität zu Köln, im Studiengang „Performance Studies“ an der Universität Hamburg, an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und an der Zürcher Hochschule der Künste. Mit SIGNA arbeitet Sybille Meier seit mehr als zwölf Jahren kontinuierlich als Dramaturgin und Performerin zusammen. Ihre erste gemeinsame Arbeit am Schauspiel Köln 2007/08, „Die Erscheinungen der Martha Rubin“, wurde zum Theatertreffen nach Berlin eingeladen.
Johannes Kirsten, geboren 1976 in Berlin, Studium der Germanistik und Philosophie in Berlin und New York. Nach diversen Arbeiten an verschiedenen Berliner Theatern und mit dem Produktionskollektiv lunatiks produktion, 2004 bis 2006 Regieassistent und später Dramaturg am Nationaltheater Mannheim. Ab 2006 Arbeit als freier Dramaturg und Autor (u.a. Ruhrtriennale, Nationaltheater Korea in Seoul und Deutschlandradio Kultur). Von 2008 bis 2013 fester Dramaturg am Centraltheater und der Skala Leipzig. Im ersten Jahr im Leitungsteam der Skala und ausschließlich Projekte dort, seit der Spielzeit 2009/10 Projekte auch im Centraltheater. 2011 bis 2013 Gastprofessur für Dramatik am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Seit der Spielzeit 2013/14 Dramaturg in Hannover.
Thomas Hallet, Jahrgang 1959, kam vom Studium der Agrarwissenschaften (Universität Bonn) zum Wissenschaftsjournalismus und zum WDR. Dort war er viele Jahre Leiter des Fernseh-Ressorts Wissenschaft, diplomierte in Media Management (Bournemouth University) und ist seit 2017 im WDR zuständig für Virtual Reality- und 360 ° Grad-Projekte.
Christiane Wittenbecher arbeitet seit vielen Jahren als VR-Storytellerin. Gemeinsam mit dem Team der Agentur IntoVR (www.intovr.de) produziert sie Virtual-Reality- und 360°-Erlebnisse in der ganzen Welt. So bringt sie Zuschauer beispielsweise zu Peshmerga-Kämpfern in den Irak, ins Konfliktgebiet in die Ostukraine, unter Tage ins Steinkohlebergwerk oder in das größte Flüchtlingscamp der Erde. Das IntoVR-Team ist ausgezeichnet mit dem Deutschen Reporterpreis 2017, dem Photokina Motion Picture Award, ist unter den Journalisten des Jahres 2017 und hat für Medienhäuser, Bildungseinrichtungen, NGOs und Unternehmen weit mehr als 100 Stories in 360° produziert.
Laura Saenger ist studierte Kunstwissenschaftlerin und Kommunikationsdesignerin mit dem Schwerpunkt Film und Animation. Als Abschlussarbeit konzipierte, produzierte und realisierte sie den internationalen 360° Fulldome-Film „UM MENINO“, der beim internationalen Fulldome-Film Festival in Jena mit dem Janus-Award ausgezeichnet wurde. Der Film wird seither in den Planetarien Europas, Nord- und Südamerikas und Asiens gezeigt. Seit 2016 leitet sie den Bereich 360° und Virtual Reality bei der TVN GROUP. Die Abteilung ist maßgeblich an der Entwicklung innovativer bildungspolitischer Lernmethoden beteiligt, treibt die technische Entwicklung neuer 360° Technik mit hauseigenen Kamerakonstruktionen voran und ist deutschlandweit führend bei der Live-Übertragung in 360°. Ihre Filme wurden international nominiert und ausgezeichnet.
Prof. Wilfried Köpke lehrt seit 2004 an der Hochschule Hannover als Professor für Journalistik mit den Schwerpunkten Kultur und Fernsehen. Seit und nach seinen Studien der Philosophie, Erwachsenenpädagogik, Theologie, Journalistik und Kuratieren in München, Frankfurt, Hannover und Berlin arbeitet er als freier Autor und Journalist u.a. für SAT.1´(Redakteur), ARTE, ARD-Anstalten, Die Zeit u.a.
Petr Legkov arbeitet seit drei Jahren als VR-Partnermanager bei Virtual Spice by Salt and Pepper an der Schnittstelle zwischen VR Community und der industriellen Welt. Studiert gleichzeitig an der Universität Osnabrück Cognitive Science. Mit seinem Cognitive Science Hintergrund ist er Co-Moderator der ResearchVR und Base Stories Podcasts.
Anna Weisenberger ist Designerin, Consultant und Coach. Nach ihrem Studium in den Bereichen Kommunikationsdesign, Designwissenschaften und Design Thinking an der d.school des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam war sie als Designerin und Coach selbständig. Seit Juni 2017 ist sie als Consultant und Coach beim APITs Lab der nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH tätig.
Prof. Dr. Friedrich Weltzien ist Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, seit 2013 Professor für Kreativität und Wahrnehmungspsychologie an der Hochschule Hannover, Abteilung Design und Medien. Zuvor war er Gastprofessor für Kulturgeschichte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee, Assistent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam und Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich „Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste“ an der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte liegen in der Kunst- und Designtheorie vom 18. bis ins 21. Jahrhundert und der Vernetzung zwischen Kunst-, Medien- und Wissenschaftsgeschichte, er ist Spezialist für ästhetische Theorien des Flecks. Lehrinhalte werden u. a. zu Comicgeschichte, Medientheorie der Mode, Raumtheorien, experimentellen Bildpraktiken oder interkultureller Kommunikation angeboten. Ein methodischer Fokus ist in Forschung und Lehre auf die Produktionsästhetik gerichtet.
Am Ende eines Symposiums stellt sich für die Teilnehmer*innen in der Regel die Frage: Was bleibt? Welche Schnittmengen gibt es zwischen den einzelnen Vorträgen? Zeichnen sich übergreifende Tendenzen, Themen oder Thesen ab? Oder beleuchteten die einzelnen Vorträge nur isolierte Teilaspekte einer Thematik, die Verallgemeinerungen nicht zulassen? Professor Dr. Friedrich Weltzien versucht einen Symposiumsrückblick, der gleichzeit Ausblick sein soll auf die Zukunft immersiver Praktiken in Kunst und Design.
Prof. Thomas Bremer studierte freie Kunst an der HfBK Hamburg, 18 Jahre Berufserfahrung in der Medien- und Entertainment-Industrie. Er hat für internationale Einrichtungen (Stiftung Preussischer Kulturbesitz, National Gallery London, u.a.) und Konzerne (Volkswagen AG, Deutsche Telekom AG u.a.) gearbeitet. Er forscht seit 2006 intensiv in den Bereichen Game Studies, Game Technologie und Game Design. Von 2003 bis 2010 war er Professor für Medienkonzeption und Mediengestaltung im internationalen Studiengang Medieninformatik. 2007 hat er das Kompetenzfeldes der digitale Spiele (heute: GAME CHANGER) an der HTW Berlin aufgebaut. Seit 2010 Professor für Game Design und Studiengangssprecher des Studiengangs Game Design, seit 2013 Sprecher des Forschungsclusters GAME CHANGER, von 2014 – 2016 Mitglied des Akademischen Senats der HTW Berlin. 2016 Gründung des DE:HIVE Institut
Prof. Dr. Linda Breitlauch studierte Betriebswirtschaftslehre, bevor sie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg ein Studium der Film- und Fernsehdramaturgie absolvierte. 2008 promovierte sie über Dramaturgie in Computerspielen. Neben Projektleitungen im Export- und Verlagswesen führte sie als Creative Producer u. a. verschiedene Filmprojekte durch, verfasste Drehbücher, Spielkonzepte sowie wissenschaftliche und fachjournalistische Beiträge. Von 2001 bis 2006 entwickelte sie innerhalb eines Hochschulverbundes Lern- und Spielprojekte für Hochschulen und den Medienbereich. 2007 wurde Linda Breitlauch zur ersten Professorin für Gamedesign an die Mediadesign Hochschule in Düsseldorf berufen. 2013 wechselte sie als Fachbereichsleiterin Medienwissenschaft an die GA Hochschule der digitalen Gesellschaft und hat als Gründungspräsidentin die Etablierung der ersten spezialisierten Games Hochschule in Deutschland begleitet. Seit April 2014 lehrt sie Game Design im Studiengang „Intermedia Design“ an der Hochschule Trier.
Dr. Michael Gaebler studierte Kognitions- und Neurowissenschaften in Osnabrück, Montreal, Paris und London, bevor er an der Charité/Humboldt-Universität Berlin promovierte. In seiner Arbeit am Max-Planck-Institut in Leipzig erforscht er, wie mentale Prozesse (d.h. Denken und Fühlen) neurophysiologisch realisiert sind. Dazu kombiniert er u.a. VR mit Messungen der Hirnaktivität.
Tim Mittelstaedt Gründer und Geschäftsführer von timmersive, Senior Consultant beim APITs Lab der nordmedia. Erschloss 2015 seinen Master of Science in Digital Media Management an der SMI Steinbeis Hochschule in Berlin ab mit Studienaufenthalten an der New York University und dem Silicon Valley. Im Jahr 2016 startete er seine Promotion zur Wirkung von Virtual Reality. Im selben Jahr gründete Tim Mittelstaedt die Virtual Reality Consulting Agentur „timmersive“, mit der er für verschiedene Unternehmen und Institutionen (interaktive) 360° Filme, Virtual- und Augmented Reality Produkte plant und umsetzt. Tim Mittelstaedt ist zudem Mitveranstalter der Virtual Reality Veranstaltung „HANNOVR“ und organisierte in Zusammenarbeit mit der Deutschen Messe AG Europas erstes VR Event mit Hackathon, die erste „HackVention“. Seit Mitte 2017 baut er das APITs Lab bei der nordmedia auf, eine Initiative des Wirtschaftsministeriums in Kooperation mit dem Innovationszentrum Niedersachsen mit dem Ziel dem Mittelstand Gamingtechnologien wie Virtual- und Augmented Reality zu vermitteln.
Prof. Hans-Jörg Kapp, weitere Informationen folgen in Kürze
Hilko Eilts arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Hannover im Studiengang Szenografie, Kostüm und experimentelle Gestaltung und promoviert am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin über Transformationsprozesse im deutschen Stadttheatersystem seit der Wende. Nach einer einjährigen Dramaturgieassistenz am Thalia Theater Hamburg war er als Schauspieldramaturg am Theater Bremen, Theater Augsburg sowie am Theater Osnabrück tätig sowie freischaffend als Festivalleiter (Spieltriebe-Festival Osnabrück und Outnow!-Festival der Schwankhalle Bremen).
Amanda Babaei Vieira, geboren 1991, arbeitet mit Film, Theater und Performance. Sie ist seit 2013 Teil des Kunstkollektivs SIGNA und war zuletzt im Norsk Sagbruksmuseum in Norwegen tätig.
Wanja Neite, geboren 1995, studiert Szenografie/Kostüm an der HS Hannover. Ist freier Kulturjournalist und Musiker & performed, schauspielert und schreibt Live-Rollenspiele in div. Produktionen, unter anderem mit SIGNA (seit 2017) & SIEBENSPRUNG (als Gründer, seit 2010).
Christopher Ramm, geboren 1992 in Kirchheim unter Teck. Bachelor of Arts in Theater- und Politikwissenschaft an der FU Berlin in 2016. Seit 2013 Arbeiten als Performer, Videokünstler und Musiker mit dem Theater Kollektiv Girl to Guerilla (Berlin). Seit 2017 Performer bei SIGNA . Des weiteren Regie in eigenen Kurzfilmen und Theaterprojekten (Ackerstadtpalast Berlin, Theater im Kino Berlin), kuratierte die Ausstellung [ ]present_bodies (Artistania e.V.) Berlin und produzierte Musik für mehrere Theater- und Tanzproduktionen (u.a. Radialsystem Berlin, Kampnagel). Seit Oktober 2016 Studium der Performance Studies an der Universität Hamburg.
Lorenz Vetter, geboren in Frankfurt am Main, studierte Kommunikationsdesign in Hamburg mit Schwerpunkt auf Animationsfilm. Seit seinem Abschluss arbeitet er als selbstständiger Performance- und Videokünstler, sowie bei dem Kollektiv SIGNA.
Wanja Neite, geboren 1995, studiert Szenografie/Kostüm an der HS Hannover. Ist freier Kulturjournalist und Musiker & performed, schauspielert und schreibt Live-Rollenspiele in div. Produktionen, unter anderem mit SIGNA (seit 2017) & SIEBENSPRUNG (als Gründer, seit 2010).
Daniel Steinbach studierte in Bochum Germanistik und Literaturwissenschaften mit dem Abschluss Master of Arts, arbeitet als Geschäftsführer für den Waldritter e.V., einem bundesweit anerkannten freien Träger der Jugendhilfe, der deutschlandweit Bildungs-Liverollenspiele für Kinder, Jugendliche und Erwachsene durchführt. Dort organisiert und designt er den ganzen Tag Liverollenspiel und andere Spielformen oder bietet Seminare an. Seit kurzem betreibt er auch Escape Rooms.
Katrin Brümmer studierte von 2011-2015 Innenarchitektur und von 2015-2016 Design und Medien an der Hochschule Hannover. Ihre Schwerpunkte sind Raumtheorien und Raumstrategien. Seit 2017 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Hannover und lehrt interdisziplinäre Designtheorie. Zurzeit arbeitet sie an ihrer Dissertation über Design als Machtinstrument im öffentlichen Raum.
Dr. Friedrich Weltzien ist Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, seit 2013 Professor für Kreativität und Wahrnehmungspsychologie an der Hochschule Hannover, Abteilung Design und Medien. Zuvor war er Gastprofessor für Kulturgeschichte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee, Assistent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam und Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich »Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste« an der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte liegen in der Kunst- und Designtheorie vom 18. bis ins 21. Jahrhundert und der Vernetzung zwischen Kunst-, Medien- und Wissenschaftsgeschichte, er ist Spezialist für ästhetische Theorien des Flecks. Lehrinhalte werden u.a. zu Comicgeschichte, Medientheorie der Mode, Raumtheorien, experimentellen Bildpraktiken oder interkultureller Kommunikation angeboten. Ein methodischer Fokus ist in Forschung und Lehre auf die Produktionsästhetik gerichtet.
In unserem Vortrag wollen wir die Zusammenhänge von Lernsituationen ins Auge fassen, die sie mit Räumlichkeit und Gewalt verbinden. Pädagogische und didaktische Konzepte gehen stets mit Formen von Gewalt einher – manchmal strenger, manchmal sanfter. Sie basieren aber darauf, dass eine Hierarchisierung zwischen Lehrenden und Lernenden hergestellt wird, zu vermittelnde Inhalte definiert oder die Überprüfung zu erreichender Ziele durchgeführt werden. Dies stellt notwendigerweise Machtsituationen her. Ebenso ist die Gestaltung von Räumen immer eine Form der Machtausübung. Entscheidungen der Architekt*innen manifestieren sich in gebauter Form und lassen sich zumeist nicht ohne Weiteres durch die Nutzer*innen revidieren.
Wir wollen fragen, wie diese Machtstrukturen interagieren. Sie können sich gegenseitig verstärken, vielleicht können sie aber auch so eingesetzt werden, dass sich die Kräfteverhältnisse nivellieren, um sich an ein gewaltarmes Lernen anzunähern.
Professor für Kommunikation & Projektmanagement an der Hochschule Hannover, Fakultät III – Medien, Information, und Design.
Fotografenlehre, Studium Kommunikationsdesign, Promotion über Technologische Bilder, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Magdeburg und künstlerischer Assistent an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Ständige Lehrangebote seit 1989, u.a. Gast- und Vertretungsprofessuren an der HBK Braunschweig, FH Mainz und FH Münster. Forschungsschwerpunkte in den Überschneidungsbereichen von Medientheorie, Bildgestaltung und Filmtheorie.
Niklas Luhmann behauptet – um dann in der Folge die Überwindung dieser Unmöglichkeit genauer darlegen zu können – dass Kommunikation eigentlich unmöglich sei. Er kommt, nach den umfänglichen Beschreibungen von massenmedialen Eigenarten, zu der Erkenntnis, dass das ›Ich‹ einen Körperbezug hat. Letztlich ist das ›Ich‹ – als Nullpunkt jeder Rekursivität – der Grund für das Paradox, dass Kommunikation unmöglich ist, aber wahrscheinlich gemacht werden kann. Wie lernen wir dann in einer hochkomplexen, hochspezialisierten, postmodernen und auf Effektivität ausgerichteten Gesellschaft, in der das individuelle Erleben kaum noch Platz findet? Sehr verkürzt gesagt könnten wir behaupten, dass wir erst durch das ›Andere‹, das ›nicht-Eigene‹ und das ›nicht-Körperliche‹ lernen. Insofern hätten Massenmedien – neben der üblicherweise kolportierten Zuschreibung von Information und Austausch – vor allem die Funktion der Differenzbildung, mit deren Hilfe sich die Individuen verorten können. Massenmedien ermöglichten durch die Differenzbildung – nicht nur über ihre Verbreitungsfunktionalitäten – ein Lernen.
Der Vortrag erlaubt sich skeptische Anmerkungen zum Lernen im Medienalltag unter Nutzung von Niklas Luhmann, Norbert Bolz und Pierre Levy sowie zum Körperbezug aller menschlichen Wahrnehmungen.
betreibt seit bald 25 Jahren Designwissenschaft aus Leidenschaft, internationale Veröffentlichungen und Tagungsteilnahmen, langjähriges Engagement in der Berufs- und Hochschulentwicklung, Mitbegründer der Forschungsplattform designdidaktik.org, aktiv in der DGTF, Co-Gründer deren Themengruppe Designdidaktik.
promoviert in Designpädagogik, Universität Vechta, Abschlüsse in Produktdesign und Visuelle Kommunikation, weiterbildende Studien des Maschinenbaus, der Wirtschaft und des Innovationsmanagements, Gesellenbrief der Feinmechanik.
war künstlerischer und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel in den Studiengängen Produktdesign und Maschinenbau, Research Fellow an der Hochschule Luzern, achtzehnjährige Lehrerfahrung an diversen Hochschulen und Studiengängen.
verdient sein Geld als Designer, Produktentwickler, Dozent und Coach im Bereich strategische System- und Produktentwicklung / -management, Digitalisierung, Design Thinking und Innovationsmanagement.
Design ist in aller Munde und doch herrscht eine Unklarheit des Begriffs vor. Einerseits wird publiziert, das Design entwickle sich zu einer erwachsenen Disziplin innerhalb der akademischen Bildung, andererseits ist Design inflationär, der Designer omnipotent und alles Design. Aus meiner laufenden Forschung heraus zeichne ich eine Begriffslandschaft „Design“. Dabei geht es nicht um eine normative Begriffsbestimmung, sondern um das deskriptive Verstehen der verschiedenen Ebenen, Herkünfte und Bezüge der vorgefundenen Begriffsverständnisses, also des Vorhandenen. Wichtig ist dies um so mehr, da dieses Angelsächsische Lehnwort in jüngster Zeit in einer neuen Verwendung das Bekannte überformt. Insbesondere adressiere ich hier die berufliche Disziplin Design, da das mangelnde Verständnis des Begriffs mit der mangelnden Klarheit des Ausbildungsziels korrespondiert.
Heike Raap, Diplomdesignerin, graduierte in den Studiengängen Produktdesign und Visuelle Kommunikation an der Universität Kassel. Dort forschte sie von 1999 bis 2003 als künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studienschwerpunkt Industriedesign zum Thema Designdidaktik. Seit 1999 ist Heike Raap in der Lehre tätig, parallel arbeitet sie seit über zwanzig Jahren als freiberufliche Designerin für mittelständische Firmen und im Rahmen von Forschungsprojekten. Näheres: www.raap-design.de
Designer stehen in ihrer beruflichen Tätigkeit meist unübersichtlichen und nicht klar zu definierenden Problemen gegenüber, sogenannten wicked problems. Schon der Versuch, ein solches Problem zu verstehen, ist ein interpretativer Akt. Es hängt vom Problemlöser – seinem Wissen und seinen Werten – ab, in welchen Kontext er das Problem setzt und in welche Richtung er sich aufmacht, um das Problem zu lösen. Diese Erkenntnis wirft Fragen auf: Fragen nach der eigenen Position, nach wünschenswerten Zielrichtungen und nach dem Anteil des Designers an Entscheidungsprozessen.
Der Vortrag spannt einen Bogen von philosophischen und designtheoretischen Betrachtungen hin zur Lehre. Er zeigt anhand von Beispielen aus der persönlichen Lehrpraxis, wie man Studierende unterstützen kann, ihr Orientierungsvermögen zu entwickeln.
Foto: Heike Raap, 2018
Dr. Lars Schlenker
Lars Schlenker hat Architektur an der TU Dresden (Diplom) sowie zu Digitalisierung und Bildung am Learning Lab der Universität Duisburg-Essen studiert (Master of Arts) und promoviert. Er lehrt und forscht zu Technology Enhanced Learning Spaces und Environmental Design in unterschiedlichen Kontexten. Aktuell leitet er das interdisziplinäre BMBF-Projekt Lehrraum_digital an der Professur für Bildungstechnologie der TU Dresden. Online: larsschlenker.net.
Dirk Bei der Kellen (M.A.)
Dirk Bei der Kellen hat Medieninformatik an der Fachhochschule Furtwangen (FH-Diplom) studiert und nach einigen Jahren beruflicher Praxis Organization Studies an der Stiftung Universität Hildesheim studiert (Master of Arts). Er gestaltet Lehr- und Lernräume an der TU Dresden und forscht zu Medientechnik und Medieneinsatz in gestaltenden Projekt-Kontexten mit Interaktionsdefiziten.
In partizipativen Stakeholder-Workshops des BMBF-geförderten Projekts Lehrraum_digital (LR_D) der Technischen Universität Dresden [1] konnte beobachtet werden, dass über die Konzepte des Objektorientierten Programmierens auch Laien aktiv am Gestaltungsprozess beteiligt werden können. Als ein grundlegendes Konzept der Softwareentwicklung konnte in diesem Zusammenhang Vererbung als ein Baustein des impliziten Gestaltungs-Repertoires der an der Lehr- und Lernraumgestaltung beteiligten Anspruchsberechtigten identifiziert werden. Der experimentelle und explorative Ansatz des Projekts hat den – vor dem Hintergrund der Anforderungen seitens der Industrie 4.0 – sich stark in Veränderung befindliche berufliche Aus- und Weiterbildungskontext als Forschungsfeld für sich identifiziert und begreift Berufsschulen als Reallabore, in denen Design-Patterns als Option einer erfolgreichen Lehr- und Lernraum-Digitalisierung untersucht werden. Als ein Auslöser für dieses Vorhaben kann eine wachsende Sensibilität zum Raumdiskurs im Allgemeinen und zum physischen Raum im Speziellen diagnostiziert werden, wie Werner Sesink (2014) aus der Perspektive der Pädagogik argumentiert.
Obwohl die Debatte um Online-Umgebungen und virtuelle Räume den gegenwärtigen Diskurs dominiert, profitiert das Projekt Lehrraum_digital (LR_D) vom wachsenden Interesse für die vernachlässigte Fokussierung realer (physischer) Lehr- und Lernräume. Die in diesem Zusammenhang wachsenden Anforderungen beim Einsatz digitaler Medien ziehen erhöhte Herausforderungen in Planung und Gestaltung angemessener Lehr- und Lernräume nach sich. Die etablierten Methoden und Instrumente der Lehr- und Lernraumplanung können häufig kaum noch den besonders partikulären und komplexen Gestaltungswünschen dieser Kontexte folgen. Entsprechend benötigt Raumplanung eine permanente (Weiter-)Entwicklung und Anpassung, um mit der Geschwindigkeit veränderlicher Aufgaben mithalten zu können. Agnes Försters (2014) aktuelle Diagnose beschreibt die Tendenz, sich weiter ausdifferenzierender und spezialisierender Strömungen in der Planungsforschung. Diese Tendenz stehe im Widerspruch zum gleichzeitig festzustellenden Wunsch nach flexibleren und integrativeren Ansätzen in der Planungspraxis.
Die Beobachtung von Vererbung erfolgte in einem Stakeholder-Workshop an der Berufsschule Bamberg II, die als Bayrische Medienreferenzschule Vorreiter in der Digitalisierung von Lehr- und Lernprozessen ist. Im Verlauf des Workshops konnte beobachtet werden, wie Schüler und Lehrer Design-Patterns, die ihnen in Form von formalisierten Darstellungen (Concept-Maps) als Inspirationsquelle für das Re-Design ihres Klassenzimmers präsentiert werden, nutzten, um sich am Gestaltungsprozess im Sinne des Co-Design zu beteiligen.
Co-Design, eng gekoppelt an die Einbeziehung der Anspruchsberechtigten, wird damit zu einem Aspekt der LR_D -Methodologie. In diesem Verständnis könnte man die Haltung der darin einbezogenen Forscher als projektorientierte Forschung betrachten, so wie Alain Findeli (2004) es vorschlägt. Bei diesem Ansatz werden Designproblem und Forschungsfrage separiert voneinander betrachtet. LR_D fasst das als eine Form von Forschung durch Design auf. Es folgt dabei der Idee des Pattern-Matching.
Aus heutiger Sicht kann LR_D ein vernünftig begründetes Argument kommunizieren ohne es zwangsläufig mit großen Stichproben belegen zu müssen. Dies ist möglich, weil es aus einer skeptischen Grundannahme heraus argumentiert, was folglich bedeutet, dass es nicht darauf angewiesen ist, möglichst viele Anzeichen von Vererbung finden, dokumentieren und darstellen zu müssen. In dieser Vorgehensweise folgt LR_D etablierten fallmethodischen Ansätzen der Raumplanung, für die vor allem Bent Flyvbjerg (2006) stellvertretend als Theoretiker genannt werden kann. LR_D begann diese Argumentation damit, zu behaupten, dass die komplexen Konzepte objektorientierter Programmierung in diesem realen Kontext kaum verstanden werden können. Nach dem beschriebenen Workshop mit Stakeholdern findet sich diese eher pessimistische Annahme, dass die formalsprachlichen Aspekte objektorientierter Software-Entwicklung zu kompliziert seien, um im realen Kontext verstanden werden zu können, erheblichen Zweifel ausgesetzt und als nicht mehr länger tragfähig für Verallgemeinerungen. Es wurde ein Indiz dafür erbracht, dass die Verwendung von Design-Patterns eine Beteiligung von Stakeholdern an Gestaltungsprozessen im Sinne des Co-Design möglich macht. Dementsprechend kann LR_D von sich behaupten, im Reallabor in Bamberg experimentell einen kritischen Fall konstruiert zu haben, mit dem Ergebnis, dass eine nachvollziehbare Annahme widerlegt werden konnte, die zum Ausschluss einer verbreiteten Design-Methode geführt hätte.
[1] Das Forschungsprojekt Lehrraum_digital wird vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderbekanntmachung Digitale Medien in der beruflichen Bildung im Zeitraum vom November 2016 bis April 2019 gefördert. Projektwebsite [ https://blog.tu-dresden.de/lehrraum-digital/] (18.07.2018)
Park, June H., Prof. Dr. phil. Dipl. Designer, Universitätsprofessor. Lehrt an der Universität Vechta. Forschungsgebiete: Designwissenschaft, Entwurfsforschung, Designpädagogik, Kultursemiotik und Theoretisches Design. Aktuelle Publikationen: Designpädagogik: Begründung und Perspektive für das Bildungsthema „Design“ (2018), Bildungsperspektive Design (2018)
Design hat über seine ökonomische Bedeutung hinaus auch soziale und kulturelle Implikationen. Sozialstruktur und Kultur sind durchaus Entwurfsgegenstände, die im gesellschaftlichen Transformationsprozess nicht ausgeklammert sein können. Vor diesem Hintergrund gewinnt Design nicht nur speziell als Ausbildungsthema, sondern generell als Bildungsthema an Bedeutung. Was ist Design und warum ist Design wichtig? Diese Fragen stellen sich im Kontext der allgemeinen Bildung schärfer dar, weil sie an Grundschulen und weiterführenden Schulen klar und verständlich vermittelbar sein müssen. Dieses didaktische Erfordernis ist ein Glücksfall. Denn: Es fordert die Beteiligten zur weiteren Klärung, Entwicklung und Präzisierung des substanziellen Kerns des Designbegriffs auf. Die Designpädagogik liefert die bildungswissenschaftliche und didaktische Basis für die Vermittelbarkeit des Designs.
Prof. Dr. Annette Geiger lehrt seit 2009 als Professorin für Theorie und Geschichte der Gestaltung an der Hochschule für Künste Bremen. Als Kunst- und Kulturwissenschaftlerin forscht sie über die Kulturen des Ästhetischen in Kunst, Design und Alltag, insbesondere zur Designgeschichte von Produkt-, Mode- und Grafikdesign, zu Fotografie und Film, Bild- und Medientheorie.
Sie veröffentlichte u. a. »Urbild und fotografischer Blick. Diderot, Chardin und die Vorgeschichte der Fotografie in der Malerei des 18. Jahrhunderts«, 2004; »Der schöne Körper«, Hg., 2008; »Coolness – zur Ästhetik einer kulturellen Strategie und Attitüde« Hg. u. a., 2010; »Kunst und Design. Eine Affäre«, Hg. u. a., 2012; »Grenzüberschreitungen Mode und Fotografie«, Hg., 2017.
Mein Vortrag möchte erkunden, welche Rolle die Grafik für unser Merken und Erinnern und somit für unser Lernen spielt. Hierzu gibt es natürlich wissenschaftliche Literatur aus der Pädagogik, doch möchte ich diese einmal beiseite lassen, um in einer Art »Selbstversuch« zu fragen, wie ich im persönlichen Umfeld von Alltag und Arbeit grafische Gestaltung für die Erinnerungs- und Merkfähigkeit nutze.
Das Layout und Design von Schulmaterial soll hier also weniger interessieren, da es sich im didaktischen Kontext an bestimmte Zielgruppen wendet, die entsprechend verallgemeinert werden. Lernen und Merken, so scheint mir, ist aber in hohem Maße ein persönlicher Prozess, den man auf subjektive Weise immer auch selbst konzipieren muss. Was davon ist also verallgemeinerbar, was hingegen muss als individuelle Eigenheit behauptet werden?
Mir scheint, die Lernenden sollten vor allem selbst als Gestalter wahrgenommen werden – in dem Sinne, wie Michel de Certeau in seiner »Kunst des Handelns« (1980) auch einen Leser als aktiven Autor beschreibt: Es geht beim Erinnern nicht nur um die gute Merkbarkeit von vorgegebenem grafischen Material, sondern auch um das selbsttätige Anfertigen und Gestalten von Orientierungs- und Erinnerungshelfern – wie z. B. Spickzetteln oder Eselsbrücken, To-Do-Listen oder Mindmaps usw.
Der Akt des selber Schreibens und Anordnens ist hierbei zentral, er ist meines Erachtens durch digitale Techniken auch nicht ersetzbar. Die Handschrift und das Papier bzw. die Fläche und der Raum, die hierfür zur Verfügung stehen, leiten dabei Wissens- und Erkenntnisprozesse an, die wir gerade aus didaktischen Gründen nicht an digitale Medien delegieren sollten. Die Gründe dafür hatte z. B. der Grafiker Otl Aicher (HfG Ulm) in seinem Essay »analog und digital« schon 1978 sehr treffend beschrieben – d. h. lange vor den medialen Umwälzungen unserer Lern- und Alltagskultur.
Alexandra Becker (M.A.), ist an der Hochschule der Medien in Stuttgart im Learning-Research Center tätig. Seit 2012 mit den Themen physische Lernräume, Selbstlernzentren und Hochschulorganisation befasst. Aktuell liegt ihr Schwerpunkt im Forschungsprojekt »LeHo – Lernwelt Hochschule« – welches das Zusammenspiel von Hochschulorganisation, physische Lernwelt, digitale Strukturen und Hochschuldidaktik im Hinblick auf die Entwicklung zur studierendenzentrierten Hochschule untersucht.
Die Lernwelt der Hochschule der Medien ist ein 400qm großes Selbstlernzentrum, welches als Reallabor die Forschung zur studierendenzentrierten Gestaltung der Lernorganisation unterstützt. Konzeptionell wurden drei Zonen für unterschiedliche Lernsituationen angedacht, und es wurde auf Vielfalt und Flexibilität der Einrichtung mit Möbeln und Unterstützungsangeboten für das digitale und analoge Lernen Wert gelegt.
In einer Versuchsanordnung im WiSe 2015/16 wurden in einem Semester drei verschiedene Raumanordnungen (Settings) angeboten, welche mit automatisierter Beobachtung, Online-Fragebogen, Interviews und einer Schallpegelmessung begleitet wurden. Die Ergebnisse werden in dem Vortrag vorgestellt. Hierzu zählen Erkenntnisse zum Abschottungsverhalten der Lernenden, der Sozialform, in der in der Lernwelt gearbeitet wird, der Bevorzugung und Meidung von Ausstattung und Möblierung und den Zonen.
Dr. Claudia Banz, Kuratorin und Kunsthistorikerin, seit 2017 Kuratorin für Design am Kunstgewerbemuseum Berlin; von 2011 bis 2017 Leiterin der Abteilung Kunst und Design am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Kuratorin zahlreicher Sonderausstellungen, zuletzt »Fast Fashion. Die Schattenseite der Mode« und »Food Revolution 5.0. Gestaltung für die Gesellschaft von morgen«. Forscht und publiziert zu Fragen des Social Design, Schnittstellen von Design und Handwerk sowie Designforschung und Ethnologie; zuletzt erschienen: Social Design. Gestalten für die Transformation von Gesellschaft; Food Revolution 5.0. Gestaltung für die Gesellschaft von Morgen.
Ernährung und Kleidung spielen im Leben eines jeden Menschen eine zentrale Rolle. Ohne Nahrung können wir nicht überleben und ohne Kleidung begeben wir uns normalerweise nicht in die Öffentlichkeit. Aus einer designkritischen Perspektive wurden mit Fast Fashion. Die Schattenseite der Modeund Food Revolution 5.0 Gestaltung für die Gesellschaft von Morgenzwei unterschiedliche, experimentelle Ausstellungsmodelle entwickelt, die den Besuchern neue Zugänge und Einblicke in die komplexe Thematik ermöglichen. Beide Ausstellungen stellen kritische Fragen nach Ressourcen, Produktions- und Distributionsprozessen sowie Konsumption und fokussieren ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Kontexte. Sie präsentieren Zukunftsmodelle und -ideen und involvieren die Besucher auf unterschiedlichen Ebenen, selbst Fragen zu stellen und nicht zuletzt das eigene Konsumverhalten zu überdenken.
Sabine Foraita
Prof. Dr. phil. Sabine Foraita, geboren 1965 in Berlin. Studium Industrial Design an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, Abschluss Diplom 1991, verschiedene Tätigkeiten in der Industrie. Aufbaustudium Kunst und Design, Abschluss Magister Artium 1998. Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen. Promotion mit dem Dissertationsthema »Borderline – das Verhältnis von Kunst und Design aus der Perspektive des Design«, Abschluss 2005. Seit 2006 Professur »Designwissenschaften/Designtheorie« an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. Ebenfalls seit 2011 Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung (DGTF)
Stefan Wölwer
Professor für Interaction Design an der Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen (HAWK), Diplom-Studium zum Kommunikationsdesigner in Hildesheim, Masterstudium am Lansdown Centre for Electronic Arts der Middlesex University in London, Gründer und Kreativdirektor Kibook London, Lehraufträge und Semnare an der FH Potsdam, der FHBB Basel und dem ICA London, freiberuflicher Autor u. a. der Designmagazine PAGE und WEAVE.
Die Anforderungen an Bildungseinrichtungen haben sich durch die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens grundlegend verändert. Die Digitalisierung, also ein durch Algorithmen radikalisierter Kulturwandel, erweitert rasant und umfangreich die Parameter der Interaktion zwischen Lehren und Lernen in unseren verschiedensten Lebensräumen. Somit erhöhen sich auch die Anforderungen an das Design, welches diese Prozesse analysiert und mitgestaltet. Unser Beitrag wird diese Veränderungstendenzen aufzeigen, mögliche Szenarien beschreiben und dies auch an praktischen Beispielen darstellen.
Die Soziologin und Pädagogin Désirée Bender promovierte an der Universität Mainz und ist dort in Forschung und Lehre tätig. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören soziologische Wissens-, Raum- und Praxistheorien in Verbindung mit empirischen Untersuchungen in innovativen, von der Norm abweichenden Arbeits- und Bildungsorten von (Kreativ-)Arbeitenden und Kindern. Kreative Arbeitsprozesse und Raumkonstruktionen stehen in Co-working Spaces und anderen neuen Arbeitsorten und speziell für Kinder entworfenen Räumen im Fokus.
Für jedwede Lern- und Bildungsprozesse spielt das Moment der Kreativität, ganz unabhängig vom Alter der betreffenden Personen, eine zentrale Rolle. Indem Räume Kreativität anzuregen vermögen, wirken sie sich in essentieller Weise auf Lern-, Bildungs- und Arbeitsprozesse aus (Bender 2013). Wenn mit Fokus auf die räumliche Anregung von Produktivität, Innovation und Kreativität spezielle Lern- und Arbeitsräume geschaffen werden, bietet sich in diesen Settings ein besonderes Beobachtungspotenzial, aus dem viel gelernt werden kann. Welche (kreativen) Praktiken entfalten sich in diesen Räumen? Wie wirken sich die räumlich gerahmten Praktiken auf Produktivität und Innovation aus? Wie beurteilen die Akteure selbst ihr kreatives Denken, Handeln, Arbeiten und Lernen in diesen Räumen im Vergleich zu solchen, die nicht eigens zu diesem Zweck geschaffen wurden?
Diese Fragen werden empirisch anhand der Untersuchungsfelder Co-working Spaces und alternativer, jenseits von Regeleinrichtungen zu verortender Bildungseinrichtungen von Kindern beantwortet und dabei verdeutlicht, wie im Raum gelernt und so auch Raum gemacht wird und wie Raumgestaltung Lernen ermöglichen, kanalisieren, aber auch begrenzen kann.
Sonja Dümpelmann ist Associate Professor of Landscape Architecture an der Harvard University Graduate School of Design, wo sie Geschichte und Theorie der Landschaft lehrt. Zu ihren Buchpublikationen gehören Flights of Imagination: Aviation, Landscape, Design (University of Virginia Press, 2014); Women, Modernity, and Landscape Architecture (mit John Beardsley, Routledge, 2015); A Cultural History of Gardens in the Age of Empire (Bloomsbury Publishers, 2013); Greening the City: Urban Landscapes in the Twentieth Century (mit Dorothee Brantz; University of Virginia Press, 2011) und Maria Teresa Parpagliolo Shephard (1903-1974). Ein Beitrag zur Entwicklung der Gartenkultur in Italien im 20. Jahrhundert(VDG Weimar, 2004).
Dieser Beitrag nimmt das Werk der Künstlergruppe fallen fruit aus Los Angeles als Ausgangspunkt für eine Diskussion verschiedener Versuche seit dem 19. Jahrhundert, Städte in Wälder und Obstgärten zu verwandeln. Wie die Aktionen von fallen fruit verfolgen in den letzten Jahren auch zahlreiche Initiativen zur urbanen Land- und Forstwirtschaft das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung, bei welcher Natur und soziale Kontakte in der Stadt kultiviert werden.
Unter dem Deckmantel der »Natur« wird in der Stadt sowohl produziert als auch konsumiert. Bäume – oft für ihren urbanen Standort gezüchtet – werden zu einer »natürlichen« Ressource, die nicht nur klimatologische und ästhetische Werte, sondern auch Nahrung, Material und Lebensraum für Tiere bietet. Der Ausdruck »urban forestry«, der seit den 1960er Jahren einen spezialisierten Zweig der Forstwirtschaft beschreibt, wurde zunächst als Oxymoron verstanden.
Wie dieser Beitrag zeigen soll, wurden Bäume als Stellvertreter der Natur in der Stadt aber bereits Ende des 19. Jahrhunderts auch als Teil einer städtischen Kultur verstanden, der sowohl progressive als auch reaktionäre Ideologien zugrunde liegen konnten.
Foto © Corinna Guthknecht
Friedrich Weltzien ist Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, seit 2013 Professor für Kreativität und Wahrnehmungspsychologie an der Hochschule Hannover, Abteilung Design und Medien. Zuvor war er Gastprofessor für Kulturgeschichte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee, Assistent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam und Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich »Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste« an der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte liegen in der Kunst- und Designtheorie vom 18. bis ins 21. Jahrhundert und der Vernetzung zwischen Kunst-, Medien- und Wissenschaftsgeschichte. Er ist Spezialist für ästhetische Theorien des Flecks. Forschung und Lehrinhalte beschäftigen sich u.a. mit Fototheorien, Animalität und Ästhetik, Medientheorie der Mode, Raumtheorien, Comicgeschichte, experimentellen Bildpraktiken und interkultureller Kommunikation. Ein methodischer Fokus ist dabei gerne auf die Produktionsästhetik gerichtet.
Seit den Todesdrohungen gegen die dänischen Zeichner des »Jyllands Posten« und das Blutbad in den Redaktionsräumen von Charlie Hebdo kommt der Karikatur als Instrument der öffentlichen Auseinandersetzung eine neue, unerwartete Aktualität zu. Die Praxis, über eine reduzierte und überspitzte Darstellung Zustände sichtbar werden zu lassen und zu kritisieren, zu provozieren und Reaktionen zu erzwingen, oder Personen oder politische Standpunkte der Lächerlichkeit preiszugeben, funktioniert so erschreckend effizient, dass anhand von Karikaturen über die Macht der Bilder nachgedacht werden muss. In meinem Beitrag möchte die kurze Geschichte des Mediums – das nicht getrennt von den gedruckten Massenmedien des Flugblatts und der Zeitung gedacht werden kann – daraufhin betrachten, inwiefern die Spottzeichnung womöglich nicht nur einen bestimmten Standpunkt vermittelt oder angreift, sondern inwiefern sie womöglich über diese Strategie auch bestimmte Standpunkte erst ermöglicht und schafft. Das ließe sich in der Frage zusammenfassen: Wie kreativ sind Karikaturen?
© Corinna Guthknecht
Wilfried Köpke wurde 1962 in Bonn geboren und studierte Philosophie, Erwachsenenpädagogik, Theologie und Journalistik in München, Frankfurt am Main und Hannover. 1990 absolvierte er sein Diplom in Theologie, 1992 in Journalistik. Er arbeitete als Hörfunk- und Fernsehredakteur, seit 1994 als freier Autor und Fernsehjournalist (ARD, NDR, MDR, HR, RB, ARTE). Seit 2001 ist er Professor an der Hochschule Hannover, seit 2004 zuständig für den Bereich Elektronische Medien (Hörfunk und Fernsehen). Darüber hinaus ist er Visiting Professor der Universitatea Babes-Bolyai, Cluj-Napoca.
Nach dem Ende der Geschichte (Flusser) und am Ende der großen Erzählungen (Lyotard) bekommt der Journalismus eine neue Deutungsfunktion. Er ordnet ein. Weniger in der überholten Form des Meinungsjournalismus, weniger in der ins Internet gewanderten Informationsbereitstellung als im Schaffen neuer, die Wirklichkeit deutender Erzählungen. Der narrative Journalismus und der investigative Journalismus werden die Zukunft des Qualitätsjournalismus sichern. Beide vereint die Widerständigkeit gegen bestehende, gewollte Deutungsmuster.
© Corinna Guthknecht
Rolf Nobel wurde 1950 in Hamburg geboren. Nach der Lehre und einigen Jahren Arbeit als Lithograf studierte Rolf Nobel von 1977 bis 1983 Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Seit 1979 arbeitet er als freier Fotojournalist für verschiedene Zeitschriften in Deutschland, war 1995 Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Fotografenvereinigung FREELENS, mit der er alle zwei Jahre das international erfolgreiche Lumix Festival für jungen Fotojournalismus in Hannover organisiert. Seit 2001 ist Rolf Nobel Professor an der Hochschule Hannover, deren Studiengang für Fotojournalismus und Dokumentarfotografie er mitbegründete.
Mit der Wiedergabemöglichkeit von Fotografien in Illustrierten und Büchern entwickelt sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Macht der Fotografie für Propagandazwecke und als politische und soziale Waffe. Ideologen aller Couleur nutzen ihre emotionale Kraft und ihre immer noch hohe Glaubwürdigkeit. In den Befreiungsbewegungen der Neuzeit spielen Bilder eine bedeutende Rolle, verbreitet über soziale Medien und eingespeist in die Kanäle der bürgerlichen Medien. Seit Jahrzehnten bedienen sich auch Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Öko-Bewegungen und gesellschaftlich engagierte Fotografen ihrer Qualitäten, um mit Bildern einzugreifen in gesellschaftliche Prozesse und für ihre Anliegen Meinung zu machen.
© Corinna Guthknecht
Charles Worthen wurde 1958 in Boston geboren. 1986 beendete er sein Postgraduiertenstudium im Bereich Bildhauerei an der Rhode Island School of Design in Providence, USA. Von 1986 bis 1988 studierte er an der Nationaluniversität Tokio für Darstellende Künste und Musik. 1989 Einzel- und Gruppenausstellungen in Galerien in Europa und Japan. Zwischen 1991 und 2005 lebte und arbeitete er in Köln. Derzeit lebt Charles Worthen in Hiroshima und ist an der dortigen Universität Professor für Bildhauerei.
Der Boom von alltagstauglichen 3D-Druckern, der vor etwa fünf Jahren begann, hat zwar noch nicht zu einer star-trek-artigen Sofort-Vervielfältigung aller denkbaren Dinge geführt. Doch prophezeit Neil Geshenfeld, Professor am MIT, dass die Fähigkeit digitaler Fabrikationsprozesse, »Atome in Bits und Bits in Atome« zu verwandeln, zu nichts weniger als einer technologischen Revolution führen wird. Tatsächlich sind Digifab-Prozesse wie 3-Druck, CNC-Machining und Laserschnitt derzeit sehr vielversprechende Technologien, auch wenn der Gartner-Hype-Zyklus den alltagstauglichen 3D-Druck derzeit ins »Tal der Desillusionierung« abrutschen sieht.
Der Vortrag soll verschiedene, durch den 3-D-Druck bedingte neue Entwicklungen im Bereich der Fertigung, der Architektur, der Medizin, der Mode, des Designs und der Kunst beleuchten, wobei diejenigen in den Bereichen Design und Kunst im Mittelpunkt stehen sollen. Denn Künstler haben nie gewartet, bis sich neue Werkzeuge und Technologien in der Breite durchgesetzt haben, bevor sie sie in ihre eigenen künstlerischen Praktiken integriert haben.
© Corinna Guthknecht
Andrea Kollnitz ist Doktorin der Kunstgeschichte. Derzeit ist sie am Zentrum für Modewissenschaft (Centre for Fashion Studies, Department of Media Studies) der Universität Stockholm tätig. Ihre Forschungen und wichtigsten Publikationen umfassen Themen wie Kunst, Mode und Nationalismus, künstlerische Avantgarde in Skandinavien 1900–1950, künstlerische Selbstinszenierung sowie der visuelle und textuelle Kunst- und Modediskurs um 1900.
Der Vortrag von Andrea Kollnitz präsentiert neue Perspektiven zur künstlerischen Selbstinszenierung und Selbst-Performance durch Mode, Kostüm und Selbststilisierung. Von Albrecht Dürers selbstbewusster Aufmachung in Selbstportraits zu Cindy Shermans ironischen Auftritten in Modefotos, haben Künstler Mode und Kostüm laufend benutzt, nicht nur um ihre Persönlichkeit und umfassende ästhetische Sensibilität zu manifestieren sondern auch um mit ihrer Künstlerrolle zu experimentieren und in öffentlichen modebewussten Auftritten ihre kreative Expressivität zu demonstrieren. Dieser Vortrag beleuchtet die Selbstinszenierung oder das Self-Fashioning der italienischen surrealistischen Künstlerin Leonor Fini (1907–1996). Fini war nicht nur eine sehr produktive surrealistische Malerin, sondern entwickelte sich mit Hilfe von bewusster und ständig praktizierter Selbstrepräsentation in Fotos zu einer Schönheitsikone, international berühmt für ihre phantasievollen kostümierten Auftritte, Kostüm – und Modedesigns. Sie machte damit ihr Leben und ihr persönliches Aussehen zu einem Kunstwerk und ist ein relevanter Fall um Mode, Kostüm und Kleidung als kreativen ästhetischen Ausdruck, als soziale Provokation und als Lebensstil zu diskutieren. Durch eine Studie von Finis persönlichem Fotoarchiv, das ihre Selbstabbildung und Selbst-»Vorstellung« durch verschiedene Lebensphasen zeigt, will ich auch Verbindungen zwischen Mode und der geschlechtsbedingten Künstlerrolle kommentieren. Damit wird die männlich dominierte Historiografie des Surrealismus in Frage gestellt, die teilweise herabwertend auf Finis Mode- und Kostümpraktiken reagiert hat und sie als typisch weibliche Eitelkeit abgetan hat, statt ihre Selbstinszenierung in ihrem kreativen Potenzial und als Teil ihres künstlerischen Schaffens und Manifestation ihrer künstlerischen und persönlichen Autonomie zu verstehen.
© Corinna Guthknecht
Elke Gaugele ist Empirische Kulturwissenschaftlerin (Dr. phil.) und Professorin an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Am Institut für das künstlerische Lehramt leitet sie den Fachbereich »Moden und Styles«: ein künstlerisch-wissenschaftliches Studium, das gestalterische Praxis mit dem Studium kritischer Theorien und der Vermittlung von Moden und Styles verbindet. Sie arbeitete als Autorin, Kuratorin, Forscherin und Lehrende u.a. an der Universität zu Köln, dem Goldsmith College, London und der Universität Wien. Sie forscht und publiziert zu Ethnografien der Mode sowie visueller und materieller Kulturen; den Epistemologien von Mode und Stil, zu Mode und Migration, zu postkolonialen und queer-feministischen Perspektiven für die Fashion Studies, Biopolitiken und ästhetischen Politiken der Mode sowie zu Open Cultures/D.I.Y.
Während des Kosovokrieges machte Hussein Chalayan als erster Modedesigner auf die steigende Zahl an Kriegsflüchtlingen aufmerksam. In seiner Aufsehen erregenden Kollektion »Afterwords« verwandelte er statische Einrichtungsgegenstände wie Tische oder Sofas in mobile Kleidungsstücke und Koffer.
Von den aktuellen Flucht- und Migrationsbewegungen nach Europa im Jahr 2016 ausgehend, fragt der Vortrag nach neuen Perspektiven für die Verschränkung kultureller, globaler und politischer Ebenen von Mode, Flucht und Migration. Er nimmt Perspektiven aus den ›Entangeled histories‹ und den Connected Sociologies für die Modeforschung auf, um die kulturellen, globalen und politischen Verflechtungen von Mode, Flucht und Migration zu situieren.
© Corinna Guthknecht
Dass in einer umfassend in Bewegung geratenen Welt auch im problematischsten Sinne alles möglich geworden zu sein scheint, zeigen die jüngsten Geschehnisse in Syrien sowie die Reaktionen Europas auf die mit Krieg, Zerstörung, Ausbeutung und sozialer Ungleichheit einhergehenden Flüchtlingsbewegungen. Europa ist der moralische Kompass abhandengekommen, die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg verblassen.
Durch radikale Interventionen versucht das Zentrum für Politische Schönheit mit den Mitteln der Kunst und dem Konzept eines »aggressiven Humanismus« Widerstand zu leisten. Das aus etwa 70 AktionskünstlerInnen und Kreativen bestehende Kollektiv unter der Leitung des Philosophen und Künstlers Philipp Ruch versteht sich selbst als »Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit«, das »auf Menschlichkeit als Waffe setzt« und die Freiheit nutzt, um mit den Gesetzen der Wirklichkeit zu experimentieren. – »Aggressiver Humanismus muss wehtun, reizen, Widerstand leisten und inspirieren.« In ihrem Vortrag wird Cesy Leonard als Planungschefin des ZPS über dessen Aktionen und die Beweggründe dahinter referieren.
© Corinna Guthknecht
Kay Marlow ist Professor im Fachbereich Innenarchitektur an der Hochschule Hannover. Er studierte Architektur an der Technischen Universität Berlin sowie der Universität Hannover. Nach dem Studienabschluss arbeitete er für mehrere namhafte Architekturbüros (von der Lippe/Schlinkmeyer in Hannover und Grötzebach, Plessow + Partner in Berlin). 1996 wurde er in den Bund deutscher Architekten berufen. Er arbeitet seit vielen Jahren für das Büro MOSAIK in Hannover, mit dem er zahlreiche Projekte realisierte, u.a. den Neubau der Flüchtlingssiedlung Steigertahlstraße in Hannover Linden-Nord.
CONSTANTIN ALEXANDER
Constantin Alexander hat Politikwissenschaften, Amerikanistik, Journalistik und Nachhaltigkeitsmanagement in Hannover, Lüneburg, Leipzig, Lyon und Istanbul studiert. Nach einer langjähriger Tätigkeit als Journalist für Kultur- und Wirtschaftsthemen u.a. bei NDR, dpa, WirtschaftsWoche, t3n, Spiegel Online sowie Geo arbeitet er seit 2014 als Unternehmensberater für Nachhaltigkeit, Kommunikation und Politik. In seiner Freizeit tritt er als Teil des Literatur-Musikprojekts Beatpoeten auf. Mehr Infos: www.calexander.de
STRUKTUREN FÜR EINE NEUE NORMALITÄT. WIE ARCHITEKTUR, INNOVATION UND NACHHALTIGKEIT DIE WELT VERBESSERN
Die diversen und grundlegenden Herausforderungen, vor denen Gesellschaft heute steht, verlangen nach neuen Lösungsansätzen. Stadtentwicklung, Architektur, Politik und Kommunikation müssen neu gedacht, neue Strategien gestalterischen Handelns ge- und erfunden werden. Wie dies konkret aussehen kann, machen der Architekt Kai Marlow und der Nachhaltigkeitsforscher, Politikwissenschaftler und Journalist Constantin Alexander anhand zweier Beispiele deutlich.
Vor welche Aufgaben die aktuelle Flüchtlingsfrage heutige Architekten stellt, zeigt Kay Marlow. Gemeinsam mit dem Büro MOSAIK gestaltete er die Siedlung Steigertahlstraße (Hannover Linden).
Constantin Alexander hat in einem zweijährigen Experiment am Beispiel des umstrittenen, immer wieder vom Abriss bedrohten Ihme-Zentrums in Hannover untersucht, wie eine nachhaltige Struktur aussehen könnte.
© Corinna Guthknecht
Peter Krieger promovierte 1996 an der Universität Hamburg (Graduiertenkolleg Politische Ikonografie), seit 1998 ist er Forschungsprofessor am Institut für Ästhetische Forschungen an der mexikanischen Nationaluniversität. Von 2004 bis 2012 war er Vizepräsident des internationalen Kunsthistorikerverbandes CIHA/UNESCO. Von 2007 bis 2014 arbeitete er am Forschungsprojekt Transcultural and Transhistoric Efficiencies of the Baroque Paradigm, University of Western Ontario, London/ON mit. Zwischen 2010 und 2014 saß er im Beirat des Stadtentwicklungsministeriums von Mexiko-Stadt. Auf dem 34. internationalen Kunsthistorikerkongresses (CIHA) in Peking leitete Peter Krieger die Sektion »Landschaft und Spektakel«. Krieger ist der diesjährige Aby-Warburg-Stiftungsprofessor des Warburg-Hauses in Hamburg.
Die spektakuläre Hotel-Kasino-Architektur am Las Vegas Boulevard (ehemals »Strip«) ist ein Ensemble neobarocker Prägung, dessen kultureller Impact in vielen gegenwärtigen Megastädten nachzuweisen ist; so auch in der für die gegenwärtige Verstädterung paradigmatischen Megalopole Mexiko-Stadt.
Der Vortrag zeigt, wie sich im Rahmen einer (nicht stilistisch, sondern konzeptuell definierten) Kultur des Neobarock im 21. Jahrhundert, Stadt- und Landschaftsbilder konfigurieren, die – entgegen der Tagungsmaxime, solche Praktiken müssten widerständig sein – ein affirmatives Potential entfalten, das eine konzentrierte und standardisierte Form von global austauschbarer »Heimat« ausprägt. Eine solche kommerziell geprägte Wertegenerierung im Stadtbild bietet normative Orientierungsmuster in der global erfolgreichen »Gesellschaft des Spektakels«, sie fördert die kulturelle Erosion gegenwärtiger Stadtkulturen. Dieses Phänomen wird im konzeptuellen Rahmen des Symposiums kritisch analysiert.
© Corinna Guthknecht
Friedrich Weltzien ist Kulturwissenschaftler und Kunsthistoriker. Seit 2013 hält er die Professur für Kreativität und Wahrnehmungspsychologie an der Hochschule Hannover, Fakultät III, Bereich Medien und Design.
In der Philosophie bezeichnet der Begriff „Agent“ den aktiven Teilnehmer eines sozialen Gefüges. Meistens ist damit ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen gemeint, die ein bestimmtes Ziel verfolgen. Seit einiger Zeit taucht in kreativitätsrelevanten Diskursen (zum Beispiel der Soziologie, den Kulturwissenschaften und immer häufiger auch in designtheoretischen Texten) der Terminus der „non-human agency“ auf. Die Kreativitätstheorie meint damit, dass beispielsweise in Entwurfsprozessen auch verwendete Materialien und Medien ganz unabhängig von der Intention der Gestalter eine eigene Kraft und Wirkung entfalten und damit als „Agenten“ bezeichnet werden müssten.
In meinem Vortrag will ich dieses Konzept skizzieren und Überlegungen anstellen, wie mit Hilfe von einem technikphilosophischen Verständnis der Eigenwilligkeit des Materials der Designprozess zu denken ist. Historisch betrachtet entstand diese Erzählung vom künstlerischen Prozess parallel zur Evolutionsbiologie. In diesem Licht betrachtet müsste man feststellen, dass es überhaupt keine Narration außerhalb des Materiellen geben kann: Design ist dann eine Tätigkeit, die von Cyborgs ausgeführt wird – von Agenten, die aus einer Mischung von Mensch und Ding bestehen.
Dietmar Rübel lehrt als Professor für Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Zudem ist er als Ausstellungsmacher tätig und war u. a. Gastkurator am Museum für Angewandte Kunst in Wien, an der Hamburger Kunsthalle, der Akademie der Künste zu Berlin und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Forschungsschwerpunkte: Verhältnis von Kunsttheorie und künstlerischer Praxis, Materialität und Dinge, Popkultur, Design sowie Film. Bücher u. a.: Materialästhetik. Quellentexte zu Kunst, Design und Architektur, Berlin 2005; Formlose Möbel, Wien 2008; „Die Tücke des Objekts“ – Vom Umgang mit Dingen, Berlin 2009; Lexikon des künstlerischen Materials, München 2010; Plastizität. Eine Kunstgeschichte des Veränderlichen, München 2012.
Keine bekannte Materialität geht in ihrer Weigerung gegenüber einer Ästhetisierung von Formen so weit wie extraterrestrische Stoffe. Formlose Massen wie „star jelly“ oder „pwdre ser“ und gallertartige Blobs sind die entscheidenden und meist eigensinnigen Akteure zahlreicher Science-Fiction-Filme oder Comics. Dabei kann ein unheimliches Eigenleben der Substanzen beobachtet werden: Materialität wird zum Ereignis. Welche Geschichten erzählen diese formlosen Materialien, die einen Aufstand gegenüber den tradierten Formen von Design und Architektur auslösen? Nach dem Motto linker Subkulturen der 1960er Jahre: „Change Your Surroundings and Change Yourself.“ Oder anders gefragt: Gelten für Aliens und ihre Raumschiffe tradierte Fragen der Gestaltung, insbesondere das Verhältnis von Inhalt und Form? Bietet die Angst vor einem Formlos-Werden, der Schrecken fließender Grenzen, auch einen Weg aus den anthropozentrischer Kategorien der Künste?
Studium des Kommunikationsdesign an der Folkwang Hochschule in Essen und an der Kunstakademie Düsseldorf (Typografie und Buchkunst). Seit 2002 Professorin für Kommunikationsdesign am Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund mit dem Schwerpunkt Typografie / Konzeption und Entwurf. Initiatorin und Leiterin des buchlabor – Institut für Buchforschung (i. Gr.) der Fachhochschule Dortmund. Seit 1989 gemeinsames Studio mit Volker Heinze in Düsseldorf. Konzipiert und gestaltet Kataloge und Bücher vorwiegend im kulturellen und künstlerischen Kontext für Museen, Institutionen, Verlage, Künstler und Architekten. Entwicklung und Gestaltung von Erscheinungsbildern für Ausstellungen und Museen.
Die Geschichte des Buches ist auch die Geschichte seiner Materialität. Über den Diskurs zum Zusammenhang von Materialität und gesellschaftlicher Entwicklung zeigt der Vortrag die Sicht des Gestalters über sein Material und dessen Narration und Ausdrucksmöglichkeiten. Bleibt die spannende Frage über die Zukunft von der Materialität der Bücher in der digitalen Welt.
Olga Moskatova studierte von 2003 bis 2009 Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin. Von 2010 bis 2012 war sie Promotionsstipendiatin im Graduiertenkolleg „Das Reale in der Kultur der Moderne“ an der Universität Konstanz. Seit 2012 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bauhaus-Universität Weimar. Zurzeit beendet sie ihre Dissertation zu kameralosen Filmpraktiken.
Stellt man die Frage nach dem Verhältnis von Material und Bedeutung, so stößt man in zahlreichen zeitgenössischen Materialitätsdebatten auf die Figur der Einschreibefläche. Nirgendwo verbindet sich die Vorstellung von der Bedeutungslosigkeit der Materie mit der der Passivität so deutlich wie in dieser: Dabei werden Einzeichnungen, als immateriell gesetzte, kulturelle, diskursive etc. Bedeutungen oder anderweitige asymmetrische Einwirkungen als der Materie äußerlich gedacht, die letztere als unbeschriebenes Blatt, natürlicher Ort oder Oberfläche, als gegebener, fester doch unbestimmter Grund oder Zugrundeliegendes erst empfängt. Für eine filmästhetische Fragestellung, die konkrete Praktiken der Einschreibungen und die Rolle der medialen Träger adressiert, stellt dies eine spezifische Herausforderung dar: Der Filmstreifen scheint schon bereits funktional bestens dieser Vorstellung der passiven Materie als eine unbeschriebene Einzeichnungsfläche zu entsprechen. Im Vortrag werden im Anschluss an Gilbert Simondons Individuationsphilosophie Alternativen für diese Figur diskutiert und entlang der Analyse von Produktionsprozessen handbemalter und gescratcher Filme entfaltet. Dabei wird argumentiert, dass Simondons eigenwillige Konzepte der Relation, der Metastabilität und der Information es erlauben, Bedeutung als eine Relationin einem dynamischen Prozess materieller Transformationen zu konturieren. Gelingen kann diese Verschiebung allerdings nur, wenn Bedeutung weder menschenzentriert noch bereits semiotisch verengt gefasst wird, sondern als eine kollaborative Lösung einer problematischen (und so metastabilen) Produktionsanordnung.
Abb. 1: Len Lye, Free Radicals (16 mm, sw, Ton, 4. Min., 1958/79), Filmstreifen
Abb. 2: Bärbel Neubauer, Moonlight (35 mm, Farbe, Ton, 4:20 Min., 1997), Filmstill
Studium der Freien Kunst (HBK Braunschweig), dort auch ‚Meisterschülerin’. Lehraufträge in Wolfenbüttel, Braunschweig und Berlin, seit 2011 Professorin für Malerei an der Hochschule Hannover. Preise und Stipendien, u.a. Kunstpreis Orangerie Darmstadt; Barkenhoff – Stipendium; Stiftung Ludwig, Schöppingen; Filmförderpreis des 3. Verdener Kurzfilmfestivals; Niedersächsisches Nachwuchsstipendium; Schloß Bleckede Stipendium; PWC Zukunftspreis ‚Mobile Atelier’.
Ziel des Forschungsthemas ist es, die Hell-Dunkelwerte der Farben mit den künstlerischen Mitteln der Zeichnung zu untersuchen und damit bestehende künstlerische Positionen der Farbmalerei und der Farbtheorie zu ergänzen. Bestehende Farbtheorien beschäftigen sich hauptsächlich mit der farbenergetischen Intensität und deren Differenzierungen. Hierbei wird ein wesentlicher Aspekt von Farbe und dessen Auswirkungen auf die Farbwahrnehmung nicht ausreichend thematisiert: der Hell-Dunkelverlauf der Farben. Dieser trägt jedoch im Wesentlichen zur Farbharmonie und Farbstrukturalität bei und intensiviert die Farbräumlichkeit.
Die Transformation der Farbe und ihre Wirkung in das Medium der Zeichnung ist hierbei der wesentliche Aspekt. Malerische Flächen werden in grafische Linien übersetzt, Farben in Graustufen. Diese vehemente Reduktion ermöglicht neue Erkenntnisse über das Medium Farbe.
Marcel Finke ist Kunsthistoriker und Postdoktorand im Graduiertenkolleg »Das Wissen der Künste« an der UdK Berlin. Er studierte in Leipzig und Dublin; an der Universität Tübingen promovierte er mit einer Dissertation über die Materialität von Bild und Körper in der künstlerischen Praxis Francis Bacons. Von 2012 bis 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt »Liquid Things« an der Universität für angewandte Kunst Wien; derzeit untersucht er »Epistemologien des Fluiden« in der Kunst seit 1950.
Fluide Schäume sind luftig und leicht, und doch sind sie schwer zu fassen – in praktischer wie theoretischer Hinsicht. Dabei begegnen sie uns laufend: beim Rasieren und Linsen kochen, beim Auto putzen oder Bier trinken, beim Feuer löschen oder Haare waschen, bei der Zahnreinigung, am Urlaubsstrand und so fort. Flüssige Schäume sind mit vielfältigen, teils konträren Narrationen verknüpft; wir verbinden sie zum Beispiel mit Hygiene und Umweltverschmutzung, mit Erotik, Hedonismus und Kinderspiel, mit Vergänglichkeit und mythischen Zeugungsfantasien – wie etwa im klassischen Fall der Aphrodite.
Seit den 1960er Jahren hat auch die Kunst fluide Schäume als Material entdeckt. Anfangs nur sporadisch eingesetzt, sind aphrogene Produktionen seit den 1990er Jahren häufiger in künstlerischen Kontexten zu finden. Der Vortrag gibt einen kurzen Überblick über den Einsatz flüssiger Schäume in der Kunst, konzentriert sich dann aber auf Arbeiten der Künstler Dieter Lutsch und Mark Porter. Diese sind bemerkenswert, weil sie dem sonst heiter und fluffig daherkommenden Material eine bedrohliche Dimension abgewinnen. Ihre fluiden Schaumgebilde sprechen eine aggressivere Sprache, sie wecken Assoziationen der Krankheit, der Beschmutzung und des Zerfalls. Der Vortrag nimmt diese verstörende Seite der Aphrogenese in den Blick.
Abb. 2: Dieter Lutsch, Booster, 2008, Plastikflasche, Teichbelüfter, PVC-Schläuche und Seifenschaum, ca. 70 x 230 cm, © Dieter Lutsch.
Dr. Judith Gerdsen hat Kunstgeschichte, Philosophie und Kunstpädagogik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main und der Université Paris-Sorbonne studiert und über Mona Hatoum promoviert. Sie lehrt Theorie im Studiengang „Integriertes Design“ an der Hochschule für Künste in Bremen und besetzt zur Zeit eine Vertretungsprofessur an der Hochschule Hannover.
Der „material turn“ insbesondere der Kulturwissenschaften nahm auch den Körper und seine Psychopathologien als materielle Kristallisationen von Kultur ins Visier. Momentan führen Frauenzeitschriften, Tageszeitungen, Blogs und soziale Netzwerke diese Diskussion konkret über die Auswirkungen des herrschenden Schlankheitsideals. Medienkritiker*innen werfen Modemagazinen in Allianz mit Modeschaffenden einen negativen Einfluss auf das Körpergefühl insbesondere junger Frauen vor. Dieser Einfluss wird zumindest in Frankreich so ernst genommen, dass es dort nun ein Gesetz gegen die Beschäftigung von Models mit einem Body-Mass-Index unter achtzehn gibt.
Die aktuelle Studienlage zum Zusammenhang von Modelberuf und Essstörungen wird der subkulturellen Tradition des hageren Körpers in der Mode gegenübergestellt. Vor diesem Hintergrund erörtert der Vortrag, ob die psychologische Forderung eines positiven weiblichen Körperbildes sich tatsächlich in eine juristische Norm bannen lässt und wie sich Gesundheitsdiskurs und Laufsteginszenierungen geschlechterpolitisch auswirken. Dabei veranschaulichen die Strategien von Jean-Paul Gaultier und Rick Owens das Verhältnis sozialer Normen und modespezifischer Positionen.
Katharina Tietze (Jg. 1968) ist Professorin für Design an der Zürcher Hochschule der Künste und leitet die Studienvertiefung Style & Design. Sie studierte Modedesign in Berlin und war als Kostümbildnerin tätig. Sie lehrte an der Bauhaus-Universität in Weimar, hat Ausstellungen zum Verhältnis von Kunst und Mode realisiert und forscht zur Geschichte und Theorie der Kleidung.
In den 1930er Jahren sind die Abendschuhe eleganter Frauen aus goldenem Leder oder mit goldenem Leder verziert. Einen Beleg für diese Mode bilden die Schuhe im Firmenarchiv der Schweizer Firma „Bally“. Der Beitrag geht dem goldfarbenem Leder in diesem Zeitraum nach. Er fragt zum einen nach der Geschichte der Verbindung von Gold und Leder und den Technologien der industriellen Herstellung. Streng genommen handelt es sich ja um zwei Materialen, wobei es im gewählten Zeitraum nicht um das Edelmetall Gold sondern um eine golden erscheinende Oberfläche geht. Zum anderen wird nach der Bedeutung der Modefarbe Gold in einem Jahrzehnt gefragt, das von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 1929 geprägt war. In diesen auch politisch prekären Zeiten entwickelte sich ein Konzept von Luxus und Glamour, dass bis heute ästhetisch prägend ist und ohne glanzvolle Materialien nicht auskommt.
Foto: © Bally
Professor für Kommunikation & Projektmanagement an der Hochschule Hannover, Fakultät III – Medien, Information, und Design.
Fotografenlehre, Studium Kommunikationsdesign, Promotion über Technologische Bilder, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Magdeburg und künstlerischer Assistent an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Ständige Lehrangebote seit 1989, u.a. Gast- und Vertretungsprofessuren an der HBK Braunschweig, FH Mainz und FH Münster.
Bibliographie und weitere Hinweise unter Theoriestudierende.de
„Im Digitalen gibt es immer nur die Chance auf das Bild“ schreibt Wolfgang Hagen im Jahr 2002. Digitalfotografien sind, im Gegensatz zum Silberbildfilm, immer materielos, sie basieren auf Einsen und Nullen und das gilt schon für die Aufnahmesituation, nicht erst für die Speicherung. Erst durch Hard- und Software entsteht dann das, was Wolfgang Hagen als eine ‚Simulation unendlicher digitaler und operationaler Möglichkeiten‘ bezeichnet. Ob die Daten zu einem Ton, zu einem Buchstaben oder zu einer Fotografie werden, entscheidet sich im Endgerät und nicht bei der Aufnahme. Was ist dann das ‚Material des digitalen Bildes’? Woran zeigen sich diese Fotografien selber: an der Schärfe, an der zusammengesetzten Komposition, am Staubkorn oder am Pixel? Digitale Fotografien besitzen, neben ihrer informationellen Ebene, auch immer eine eigene, gattungsspezifische Erzählungsweise, wie bspw. Rauschen, Eigenreportage, Masse und Vergessen. Der Vortrag berichtet über unterschiedliche Konzepte dieser ‚Materialität’ digitaler Fotografien.
Abb. 1: Ausschnitt aus: Henri Cartier-Bresson:Jean-Paul Satre und Jean Pouillon, Paris 1946.
Abb. 2: Martin Scholz: Feldweg II / Homberg, 2004.
Abb. 3: Martin Scholz: Borschemich / Unterführung, 2006.
Rolf Sachsse (Bonn 1949), Promotion zu einem photohistorischen Thema. Freischaffender Autor, Künstler, Kurator, Photograph. 1985-2004 Professor für Photographie und elektronische Bildmedien am Fachbereich Design der Hochschule Niederrhein in Krefeld, seit 2004 Professor für Designgeschichte und Designtheorie an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken, seit 2012 Prorektor für Lehre und Wissenschaft. Bibliographie und weitere Hinweise unter www.hbksaar.de/sachsse
LeCorbusier wollte seine Architektur weiß, transparent und vom Boden abgehoben haben: Das ging zu seiner Zeit nur in Foto und Film. Was wir vom Art Nouveau, vom Bauhaus, vom Internationalen Stil und der sowjetischen Avantgarde wissen, wissen wir aus fotografischen Bildern. Dabei spielt der materialikonologische Transfer – von Bau zu Bild und zurück – eine besondere Rolle: Beton lässt sich besser fotografieren als Backstein, Glas ist eindrucksvoller als Stuck, Stahl referiert industrielles Tempo auch im stehenden Bau. Die Fotografen entwickelten für diese Vorstellungen eigene Darstellungen: große Raumtiefe durch Weitwinkel, dunkler Himmel über hellem Bau, hartes Schwarzweiß statt weichem Grau. Der Vortrag geht den Verästelungen dieser Transfers zu den Hochzeiten analoger Fotografie nach und behandelt in einem kurzen Ausblick die nachfolgende Transformation in digitale Welten hinein.
Abb. 1: Rolf Sachsse, 15.10.2015
Abb. 2: Lucia Moholy, Ecke des Werkstattgebäudes, Bauhaus Dessau, Walter Gropius, Frühjahr 1926, © Bauhaus-Archiv Berlin
Abb. 3:Otto Lossen, Doppelwohnhaus Le Corbusier, Weissenhofsiedlung Stuttgart, Herbst 1927, Bildpostkarte, © Sammlung Bernd Dicke, Arnsberg
Abb. 4: Arthur Köster (zugeschr.), Einsteinturm, Erich Mendelsohn, Potsdam, um 1924, Bildpostkarte, © Sammlung Bernd Dicke, Arnsberg
Dipl. Designerin Julia Wolf fokussiert in ihrer Arbeit auf experimentelle Materialgestaltung und Forschung sowie Produkt- und Konzeptentwicklung. Sie arbeitet als Design-Researcher im Forschungsprojekt Smart Tools for Smart Design, in dessen Mittelpunkt die Verzahnung von Wissenschaft und Design steht. Zusammenhänge, Schnittstellen und Synergieeffekte von Gesellschaft, Technologie und Gestaltung stehen sowohl in der Designlehre als auch in der Designforschung im Fokus.
2006-2012 Studium Industrial-Design an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und Faculdade de Belas Artes in Lissabon. Diplomarbeit abstrakt | real – experimentelle Untersuchungen zur Perzeption alltäglicher Gegenstände.
Seit 2014 Researcher im BMBF-Forschungsprojekt smart3| materials – solutions – growth an der Weißensee Kunsthochschule Berlin im Fachgebiet Textil- und Flächendesign.
Im smart3-Forschungsprojekt Smart Tools for Smart Design steht die enge Verzahnung von (Ingenieurs‐)Wissenschaften, Materialentwicklung und Design im Fokus. Es gilt das komplexe Fachwissen zu Smart Materials in eine für Gestalter greifbare Form zu übersetzen, um Design als Mehrwert in die Produktentwicklung zu integrieren.
Smart Materials haben das Potential den Gestaltungsprozess maßgeblich zu beeinflussen und zu lenken, sie führen zu einem Paradigmenwechsel im Produkt.
Die Intelligenz der Materialien findet auf Mikroebene statt, sie wird dadurch schwer fassbar und die Materialien stoßen auf Skepsis oder werden ignoriert. Um die Möglichkeiten auf gestalterischer, technologischer und sozio-kultureller Ebene voll auszuschöpfen, muss zu einem materialgerechten Design im Einklang mit realen gesellschaftlichen Bedarfen gelangt werden.
Die sinnliche Wahrnehmung der Materialien wird dabei auf ein Minimum reduziert, wodurch sie unserer gewohnten Vorstellung von Technik/Technologie nicht entsprechen. Es müssen neue Wege definiert werden um Smart Materials eine Sprache zu geben und sie zu verstehen.
http://www.smarthoch3.de
http://www.kh-berlin.de/hochschule/forschung/smart3.html
Gunnar Spellmeyer ist seit 2000 Professor für Industrial Design / Entwurf an der Fakultät III, Abt. Design und Medien der Hochschule Hannover. 2001 erhielt er die Ehrenprofessur der Universität Hefei, China. An der HsH initiierte er den CampusCoach und das Entrepreneurshipcenter der Hochschule, Nexster genannt.
Der gebürtige Osnabrücker entwarf Konsum- und Investitionsgüter, entwickelte Erscheinungsbilder und auch Ausstellungen. Als freier Designer arbeitet er heute nebenberuflich im spellmeyer design ntwrk an Themen im Bereich des strategischen und konzeptionellen Design, im Bereich Konsumgüterdesign, Fooddesign, Packagingdesign und Ausstellungsgestaltung.
Das Denken formt sich mit dem Schreiben. Für das entwerferische Denken bedeutet dies: jede Art der Artikulation im Entwurf präzisiert die Gedanken. Und ist damit in der Frühphase des Entwurfsprozesses inspirierender Quell für Ideen.
Auch das Material hat seinen präzisierenden Einfluss auf den Prozess und die Entwurfsergebnisse. In dem Beitrag ›Materialimpulse‹ wird anschaulich die frühe oder späte Berücksichtigung von Material dargestellt und die Auswirkungen auf den Designprozess erörtert.
Dadurch wird deutlich, dass der Designerin oder dem Designer eine Bandbreite von Instrumenten und Mittel zur Verfügung stehen, deren Orchestrierung entscheidenden Einfluss auf den Prozessverlauf und damit auch das Ergebnis hat. Dabei gilt es, einem Komponisten gleich, souveränen Abstand zu den eingesetzten Mitteln zu halten und sich Ihnen gleichzeitig hingeben zu können. Der virtuose Umgang damit, das Erkennen und Zulassen der Eigenheiten von Materialien, Medien und Mitteln ist Grundbedingung für eine große Haltung der Offenheit im kreativen Prozess.
Julia-Maria Blesin, absolvierte an der Hochschule Hannover ihren Bachelor Public Relations und Master Kommunikationsmanagement. Für ihre Masterabschlussarbeit befasste sie sich in einer medieninhaltsanalytischen Untersuchung mit dem durch „Die Zeit“ vermittelten Bild von Biokunststoff. Seit April 2015 untersucht sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Hannover im Rahmen der bis 2018 BMBF-geförderten Forschungsplattform „Biokunststoffe Nachhaltig – Neue Wege, Strategie, Geschäfts- und Kommunikationsmodelle für Biokunststoffe als Baustein einer Nachhaltigen Wirtschaft“ (BiNa) die öffentliche Wahrnehmung und Kommunikation von Biokunststoffen.
Prof. Dr. Wiebke Möhring lehrt und forscht an der Hochschule Hannover in der Fakultät für Medien, Information und Design. Ihre Forschungsaktivitäten liegen im Bereich der Methoden der empirischen Sozialforschung und der öffentlichen Kommunikation. Hier arbeitet sie unter anderem zu dem Schwerpunkt der Lokalkommunikation und zur Wissenschaftskommunikation, hier insbesondere zur öffentlichen Wahrnehmung und Kommunikation von Biokunststoffen.
Zentrales Material moderner Gesellschaften ist seit Jahrzehnten Kunststoff in unterschiedlichen Gestaltungs- und Produktformen. Seit den 1980er Jahren wird daran geforscht, nachhaltigere Kunststoffe zu entwickeln – nachhaltiger im Hinblick auf Herstellung und Entsorgung. Technisches Innovations- und Entwicklungsziel ist es, fossile Bestandteile im Kunststoff durch Materialbestandteile auf der Basis nachwachsender Rohstoffe wie etwa Stärke, Glukose oder pflanzliche Öle zu ersetzen. Aus kommunikativer Sicht stellt sich hier die Frage, wie die Veränderung des Materials kommuniziert und begleitet werden kann – kann aus dem „schädlichen Plastik“ ein „guter Biokunststoff“ werden? Welche Erklärungsansätze kann das kommunikationswissenschaftliche Framing bieten? Welche Ansatzpunkte bietet die Materialveränderung für Storytelling? Diese Fragen sollen im Vortrag zur Diskussion gestellt werden.
Franziska Müller-Reissmann studierte nach ihrer Tischlerlehre in Hamburg und Berlin Kunstgeschichte, klass. Archäologie und Philosophie. Seit 2008 ist sie am Museum für Gestaltung Zürich im Bereich der Sammlungen und der Konservierung tätig.
Zusätzlich leitet sie seit 2011 das Material-Archiv an der Zürcher Hochschule der Künste, welches als Teil der Hochschulbibliothek Materialien als Medien strukturiert zu Verfügung stellt, im Vereinsverbund die Datenbank www.materialarchiv.ch betreibt und Zugänge zu Materialität allgemein in der Lehre verankert.
Ausgehend vom Materialarchiv an der Zürcher Hochschule der Künste beleuchtet der Vortrag die Relevanz von Materialsemantik für Gestaltungsprozesse und Kunstschaffen. Anhand von Menschenhaar, Asbestzement und sogenannten Biokunststoffen werden drei Aspekte der Materialsemantik aufgezeigt: Erstens die inhärente Aufladung eines Materials, zweitens die Bedeutungswandlung und drittens das bewusste Kreiieren einer Materialwertigkeit.
Haar ist das einzige menschliche Material, das überhaupt verarbeitet wird – und obwohl man es an Gegenständen findet, bewegt seine Verwendung sich stets an der ethischen Grenze der Legitimation. Die ambivalente Bedeutung zwischen Anziehung und Ekel, die es als Werkstoff entfaltet, scheint ihm innezuwohnen. Asbestzement bezeugt dagegen besonders deutlich den Wandel, den ein positiv besetztes Material erfahren kann, sobald sich einer seiner Inhaltsstoffe als problematisch erweist oder es aus dem Zeitgeist fällt. Sogenannte Biokunststoffe wiederum stehen für das Neuentdecken einer ganzen Materialsparte, die für political und ecological correctness steht. Die neuen Bioplastics scheinen direkt mit einer Aufladung an Bedeutung auf den Markt zu kommen; die geweckten Assoziationen sind dabei regelrecht designt.
Der Beitrag beleuchtet die Euphorie, die Werkstoffe heute noch wecken können, die starken Emotionen, die sie hervorrufen und die Möglichkeiten, die das Einbeziehen ihrer Semantik für die Produktgestaltung und die Methode der Materialikonografie für ihre Bewertung bietet.
Stefan Wölwer hält eine Professur für Interaction Design an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim. Darüber hinaus ist er als freier Berater sowie Autor für verschiedene Fachmagazine aus den Bereichen Design und Medien tätig. In seiner Forschung und Lehre betrachtet er Technologie als hervorragendes Gestaltungswerkzeug, durch dessen kreativen Einsatz wiederum Impulse zur Weiterentwicklung eben dieser Technologie gegeben werden können.
Das „Internet der Dinge“ ist nicht nur ein Schlagwort des Marketing sondern auch eine Allegorie dafür, wie sich unsere Umwelt zunehmend vernetzt. Was aber passiert mit den Materialien, wenn sie – mit Digitalität aufgeladen – neue Eigenschaften bekommen und anders wahrgenommen werden? Was wiederum passiert mit Bits und Bytes, wenn sie über taktile und haptische Schnittstellen beeinflusst werden und dem Anwender sprichwörtlich an die Hand gegeben werden?
Mit Googles Material Design steht Designern ein umfassender Katalog an Leitfäden darüber zur Verfügung, wie das digitale Interface über Bezüge zur realen Welt verständlicher wird. Für die umgekehrte Übertragung digitaler Verhaltensweisen und Eigenschaften auf unsere klassischen Materialien stehen die Formulierungen von mentalen Modellen noch bevor.
In diesem Vortrag möchte der Autor anhand von Beispielen aus Forschung und Lehre aufzeigen, wie das „Material der Dinge“ mit den Methoden und Möglichkeiten des Interaction Design erfasst werden kann.
Im Interaction Design selbst geht es um die Gestaltung von Parametern, die eine umfassende Interaktion zwischen Menschen, Räumen und Objekten ermöglichen. Es bildet die Schnittstelle zwischen Technologie, Design und Soziologie.
Abb. 01: Stefan Wölwer
Abb. 02: Trans4mD – Norman Schlüter
Abb. 03: KlingDing – Fred Fahlke, Carsten Hinz
Prof. Dr., Studium der Neueren Deutschen Literatur- und Medienwissenschaften, Philosophie und Psychologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; 2010 Dissertation zum Thema Imagination und Empathie, lehrte und forschte an der CAU zu Kiel; seit 2014 Inhaber der Professur für Medientheorie und Immersionsforschung am Fachbereich Medien, an der Fachhochschule Kiel; Leiter des Instituts für immersive Medien (ifim), Vorsitzender der Gesellschaft für interdisziplinäre Bildwissenschaft (GiB), Gründungsmitglied der Forschungsgruppe Bewegtbildwissenschaft Kiel und verantwortlicher Redakteur des Jahrbuches immersiver Medien, Managing Editor des Yearbook of Moving Image Studies (YoMIS). Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: Theorie immersiver Medien, Medientheorie und -philosophie, Medienwirkungsforschung, Bewegtbildwissenschaf.
Virtuelle Realitäten – oftmals erzeugt durch komplexe mediale Interface- und Display-Ensembles – werden je nach Qualität der jeweiligen Koppelung unseres Leibes an die spezifischen Interface-Ensembles mit unterschiedlicher Intensität wahrgenommen und erfahren. Ziel solcher Realitätsmaschinen ist die Evokation eines möglichst intensiven Realitätseindrucks durch eine multisensorische Adressierung des Rezipienten durch das Medium.
Dem entgegen stehen vor allem medienphänomenologische Überlegungen, die von einer Aktivierung unserer Nahsinne und damit von einer modalen Ergänzung des Dargestellten durch unsere leibliche somatische Imagination ausgehen (bspw. Vivian Sobchacks Ausführungen zu embodied vision).
Von dieser Dialektik ausgehend soll der Aspekt der digitalen Sinnlichkeit sowohl über die Diskussion aktueller Interfacetechnologien (z.B. GloveOne, The Void) als auch relevanter theoretischer Ansätze (z.B. Vivian Sobchack, Christiane Voss) aus beiden Perspektiven betrachtet werden.
Studium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Universität Lyon, Promotion am Gießener Graduiertenkolleg »Klassizismus und Romantik«, Habilitation an der Universität Gießen, seit 2008 Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte am Institut für Deutsche Philologie der Universität Würzburg. Forschungsschwerpunkte: Tiere, Georg Büchner, Romantik. Veröffentlichungen: Tiere. Kulturwissenschaftliches Handbuch. Metzler: Stuttgart 2015; Journal for Literary Theory 9/2 (2015). Guest-Editor: Cultural and Literary Animal Studies. De Gruyter: Berlin 2015; Texte zur Tiertheorie. Reclam: Stuttgart 2015 (zusammen mit Alexander Kling und Esther Köhring); Poetik des Schmerzes. Physiologie und Literatur von Brockes bis Büchner. Fink: München 2007; Sprache als Bild. Handkes Poetologie und das 18. Jahrhundert. Fink: München 2003.
Wenn menschliche Schauspieler auf der Bühne den Tod spielen, dann gilt dies, mit Aristoteles gesprochen, als ein Paradebeispiel der Mimesis: als die Nachahmung einer Handlung, bei welcher der Schauspieler sehr genau zwischen sich als demjenigen, der nachahmt und der Handlung, die er nachahmt, zu unterscheiden weiß. Wenn hingegen ein Tier in der Natur den Tod spielt, dann gilt dies, in der durch den Zoologen Ernst Mangold geprägten Terminologie, als Paradebeispiel der Thanatose, des Todstellreflexes, bei dem ein Tier in ein mimetisches Verhältnis zum Tod kommt, ohne dabei zwischen sich als Mimen und dem in der Mimikry erzeugten Anschein zu unterscheiden.
Der Vortrag wird die Einwände nachzeichnen, die heute sowohl in der naturwissenschaftlichen Ethologie als auch in der kulturwissenschaftlichen Tiertheorie gegen diese traditionelle Unterscheidung zwischen menschlichen und tierlichen Todesnachahmungen erhoben werden. Im Zentrum steht dabei eine besonders komplexe Variante der Thanatose: das durch menschliche Dressur erlernte Tod-Spielen von Haustieren vor laufender YouTube-Kamera.
Foto © Corinna Guthknecht
Jessica Ullrich ist Gastprofessorin an der Kunstakademie Münster und Herausgeberin des Journals »Tierstudien«. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin für Human-Animal Studies an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und am Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik der Universität der Künste Berlin sowie Kuratorin für Bildung und Vermittlung am Kunstpalais Erlangen. Sie ist Repräsentantin von »Minding Animals Germany« und hat zur Tier-Mensch-Beziehung in der Kunst international publiziert, Ausstellungen kuratiert und Konferenzen organisiert. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Tier-Mensch-Beziehungen in den Künsten sowie Fragen einer tierlichen Ästhetik.
Während die Figur des Cyborgs, also das Hybridwesen zwischen Mensch und Maschine, lange im Mittelpunkt der Überlegungen zum Potenzial des Posthumanismus stand, möchte ich im Vortrag Mensch-Tier-Grenzüberschreitungen fokussieren und damit einen Animal Studies-Standpunkt auf posthumane Transgressionen einnehmen. Im Mittelpunkt der Überlegungen werden vor allem performative Positionen stehen, bei denen Künstler versuchen, mithilfe von Prothesen, durch Operationen, Bluttransfusionen oder mimetischem Verhalten Tiere nachzuahmen, sich in Tiere einzufühlen, mit Tieren zu verschmelzen und selbst teilweise tierlich zu werden. Solche Tier-Mensch-Nachahmungsprozesse in zeitgenössischen Kunstwerken sollen dabei vor allem untersucht werden, um zu reflektieren, ob und auf welche Weise durch sie die Grenze zwischen Menschen und anderen Tieren aufgeweicht, neu definiert oder zementiert wird.
Foto © Corinna Guthknecht
Sabeth Buchmann ist Kunsthistorikerin und -kritikerin, sowie Professorin für Kunstgeschichte der Moderne und Nachmoderne an der Akademie der bildenden Künste Wien. Im FS ’17 nimmt sie eine Gastprofessur am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich wahr. Zusammen mit Helmut Draxler, Clemens Krümmel und Susanne Leeb gibt sie PoLYpeN, eine bei b_books, Berlin, erscheinende Reihe zu Kunstkritik und politischer Theorie heraus.
Publikationen (Auswahl): Gem. mit Ilse Lafer und Constanze Ruhm (Hg.): Putting Rehearsals to the Test. Practices of Rehearsal in Fine Arts, Film, Theater, Theory, and Politics, Berlin 2016; Textile Theorien der Moderne. Alois Riegl in der Kunstkritik (hg. mit Rike Frank), Berlin: b_books/ PoLyPen, 2015; Hélio Oiticica & Neville D’Almeida. Experiments in Cosmococa, London 2013 (hg. mit Max Jorge Hinderer Cruz); Film Avantgarde Biopolitik, Wien 2009 (hg. mit Helmut Draxler und Stephan Geene) sowie Denken gegen das Denken. Produktion, Technologie, Subjektivität bei Sol LeWitt, Yvonne Rainer und Hélio Oiticica, Berlin 2007; Art After Conceptual Art (hg. mit Alexander Alberro), Cambridge/ Mass.: MIT und Köln: Verlag der Buchhandlung Walther König (Generali Foundation Collection Series), 2006.
Seit geraumer Zeit lässt sich vorrangig an den Schnittstellen zwischen bildenden und kinematographischen Künsten eine Vorliebe für Werkformate beobachten, die im engeren oder weiteren Sinn auf die (strukturell theatrale) Praxis der Probe rekurrieren: Verstanden als modus operandi erweisen sich entsprechende Verfahren als ein ›in the making‹ von Regeln und Rollen, von performativen und artikulatorischen Kompetenzen. Mit exemplarischem Blick auf die 2009 entstandene Videoperformance The Perfect Sound der Künstlerin Katarina Zdjelar wird es im Vortrag um die Frage gehen, ob und in welcher Weise der Topos der Probe eine Neubewertung der – im kritischen Diskurs – mit pejorativer Bedeutung befrachteten Mimesis in jenem Sinn erlaubt, wie er in Walter Benjamins Schrift »Über das mimetische Vermögen« (1933) anklingt: Als Möglichkeit, die normativ-hierarchische Logik, wie sie sich in herrschenden Konzepten des Lehrens/ Lernens manifestiert, zu schwächen.
Foto © Corinna Guthknecht
Patrick Frey studierte Industrial Design an der Hochschule Hannover in der Abteilung für Design und Medien. Während seines Studiums arbeitete er im Büro »Formfürsorge Design«. 2007 gründete er das Studio »Patrick Frey Industrial Design«, nachdem er drei Jahre zusammen mit Markus Boge das Büro »Frey & Boge« leitete.
Bereits im ersten Jahr der Selbstständigkeit erhielt Patrick Frey den höchstdotierten Preis für Nachwuchsdesigner_innen, den »Lucky Strike Junior Designer Award«. Zahlreiche seiner Produkte erhielten internationale Preise. 2012 – 2013 unterrichtete er an der HAWK, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (Hildesheim / Holzminden / Göttingen). Seit 2014 unterrichtet Patrick Frey Produktdesign an der Hochschule Hannover, University of Applied Sciences and Arts.
Eine Zweisitzer-Studie wurde im Jahr 2008 als Revolution in der Designwelt gefeiert: Keine Fahrassistenzsysteme oder ein autonom fahrendes Fahrzeug, sondern ein Wagen, dessen Karosserie komplett aus einer Textilhaut bestand, wurde der Öffentlichkeit präsentiert. Die BMW Studie »Gina« glich einem lebendigen Haifisch. Das Revolutionäre an dieser Studie war nicht die technische Umsetzung, sondern dass vielmehr das uns zuvor bekannte Bild eines Autos auf den Kopf gestellt wurde.
Beispiele mimetischer Herangehensweisen in der Automobilindustrie gibt es zuhauf. Wie aber arbeiten andere Produktdesigner_innen? Welche Konzepte lassen sich hier aufzeigen?
Der Vortrag zeigt unter anderem Arbeiten aus meinem Studio und beleuchtet die Möglichkeiten des mimetischen Ansatzes in der Praxis.
Foto © Corinna Guthknecht
Prof. Suzanne Koechert ist seit 2005 Professorin im Studiengang Innenarchitektur. Nach einem Studium der Innenarchitektur an der jetzigen Hochschule Hannover und einem Studium der Bildenden Kunst war sie seit 1989 freiberuflich und selbstständig tätig für verschiedene Planungsbüros mit den Schwerpunkten Bauten für Entertainment, Gastronomie, Läden, Büros und Ausstellungen. Seit 1991 beteiligte sie sich mit ihren Installationen an Ausstellungen im öffentlichen Raum. Von 1994 bis 1996 entwickelte Suzanne Koechert künstlerische Konzepte und gründete ART IG – einen Verein zur Förderung von Kunst und Kultur. Von 2000-2005 war sie als Verwaltungsprofessorin an der Hochschule Hannover tätig.
V-Prof. André Nakonz ist seit September 2016 Vertretungsprofessor für Digitales Entwerfen und Konstruieren im Studiengang Innenarchitektur der Hochschule Hannover. Nach dem Bachelorstudium der Innenarchitektur und dem Masterstudium Design und Medien ging er nach Hamburg zur Markenagentur Mutabor. Anfangs als Junior, später als Senior Designer war er für Messeauftritte, Retailkonzepte oder Roadshows internationaler Marken verantwortlich. Seit 2015 ist André Nakonz selbstständig für Brand Architecture und Computational Design. In den Jahren 2015 und 2016 war er als Lehrbeauftragter an der Hochschule Hannover tätig.
Ingenieur_innen, Künstler_innen und Architekt_innen lassen sich von jeher von der Natur inspirieren und versuchen, deren Effizienz auf eigene Konstruktionen, Prozesse oder Materialien zu übertragen: Der Künstler und Architekt Tomás Saraceno lässt verschiedene Spinnenarten im Verbund bauen und entwickelt daraus begehbare, futuristische Raumskulpturen. Der Designer David Benjamin und der Softwarekonzern »Autodesk« bauen kollaborativ Gebäude aus Pilzen. Und das »ICD« in Stuttgart entwickelt nach biologischen Konstruktionsregeln eine Reihe von Forschungspavillons.
Ist die Methodik der Bionik, insbesondere diejenige der Bau-Bionik, eine lohnende Technik und ein Wissensfeld, um Kreativität sowie Innovationsprozesse zu steigern?
Sollte sie Bestandteil des Innenarchitektur-Studiums an der Hochschule Hannover sein? Führt die Nachahmung der Natur im Designprozess zu nachhaltigeren und funktionaleren Entwürfen und Produkten?
Diesen Fragen wurde in zwei Entwurfsprojekten im Studiengang Innenarchitektur nachgegangen. Vorgestellt werden Student_innenprojekte und darüber hinaus Erkenntnisse, auf welche Weise die Methode der Bionik im kreativen Prozess förderlich ist oder an welchen Punkten sich Schwierigkeiten ergeben.
Foto © Corinna Guthknecht
Prof. Dr. phil Jasper A. Friedrich, M. A. Sozialwissenschaften und Philosophie, Kommunikations- und Medienwissenschaft. Mitglied der DGPuK, Herausgeber »Online-Journal für Sportkommunikation und Mediensport«.
Friedrich studierte Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Philosophie an der Universität Leipzig und Bologna. Er promovierte im Bereich der Kommunikations- und Medienwissenschaft zum Thema »Politische Instrumentalisierung von Massenmedien«. Neben unterschiedlichen Dozententätigkeiten war er vor dem Engagement an der HSH an der HMKW Berlin als Professor für Unternehmenskommunikation aktiv.
Forschungsgebiete: Theorien der Kommunikations- und Medienwissenschaft, Medienethik, Kommunikationsmanagement, Sportkommunikation; Empirische Kommunikationsforschung, Medienwandel: Digitalisierung und Öffentlichkeitswandel.
Professor Friedrich ist seit 2016 Herausgeber und Redakteur des bei der DGPuK Ad-Hoc-Fachgruppe »Sportkommunikation und Mediensport« angesiedelten Online-Wissenschaftsmagazins »Journal für Sportkommunikation und Mediensport«.
In der Wirtschaft sammelte Professor Friedrich als selbstständiger Unternehmer, Marktforscher, Journalist und Kommunikationsberater Erfahrungen in Deutschland und der Schweiz. Privat ist Friedrich ein Computerspieler und -entwickler der ersten Stunde, engagiert sich als Musiker und Komponist in verschiedenen Bands und Musikprojekten sowie als Maler in einer Ateliergemeinschaft.
Der Beitrag fragt im Kern nach den Konsequenzen der Digitalisierung und Virtualisierung von Raum, Körper und Sprache auf die Wahrnehmung eigener Körper- und Leiblichkeit. Welche Rolle spielen dabei die mimetischen Konstrukte, die mit der digitalen Virtualisierung und Imitation von Raum (z. B. Spielewelt, Google-Earth-VR, AltSpace), Körper/Leib (z. B. Avatare in VR-Games / Akteure in VR-Pornografie) und Sprache (AI-Bots und Scripte, Sprachassistent_innen wie Siri, Cortana etc.,) einhergehen?
Führen diese Prozesse und Konstrukte zu einem Konflikt zwischen eigentlicher und uneigentlicher Erfahrung von »Menschsein« bzw. »In-Der-Welt-Sein« und »Mit-Sein«?
Ausgeweitet auf kulturelle und gesamtgesellschaftliche Dimensionen werden weitere Entwicklungen diskutiert: Wie werden diese Bild- und Erlebniswelten als Code unser Denken, Erleben und unsere Kultur prägen? Welche Konsequenzen hat deren Technizität und mimetische Qualität für das soziale und gesellschaftliche Miteinander?
Foto © Corinna Guthknecht
Der Wald bewegt den Menschen seit jeher. Umgekehrt hat auch der Mensch den Wald bewegt, geprägt, verändert oder zerstört und nutzt ihn weltweit in seinem Sinne. Über viele Jahrhunderte hinweg ist der Wald in Deutschland aufgrund menschlichen Handels kleiner geworden. Seit einiger Zeit wird er wieder größer, da wir seinen Wert erkannt haben und zulassen, dass Wald wieder mehr Raum bekommt. Doch sein ›Gesicht‹, sein Erscheinungsbild hat sich verändert.
Heute kennt kaum jemand noch die vielen Facetten eines echten Waldes, eines Urwaldes wie er ohne menschliche Einflussnahme wäre. Wenigen ist bewusst, dass fast an jedem Flecken, auf dem man gerade geht und steht, Urwald sein könnte.
Wald ist nicht gleich Wald: Weder für Menschen noch für Tiere und Pflanzen, welche im und vom Wald leben. Der NABU setzt sich dafür ein, dass mindestens fünf Prozent des Waldes sich bis 2020 wieder natürlich entwickeln dürfen, so dass sich langfristig, über Jahrhunderte hinweg, wieder »Urwälder von morgen« entwickeln. Damit soll nicht nur eine ›künstliche‹ oder vom Menschen vermeintlich ›verbesserte‹ Version des Waldes existieren, sondern auch eine ›wilde‹ Waldwelt mit ihren eigenen Regeln.
Foto © Corinna Guthknecht
Beatrix Landsbek ist seit 2015 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt »Slow Fashion: Innovationen in nachhaltiger Bekleidung« im Studiengang Modedesign an der HS Hannover tätig. Während ihres Masterstudiums spezialisierte sie sich auf das Thema Upcycling und nachhaltige Designstrategien. Ihre Abschlussarbeit »Weitertragen« wurde für den Bundespreis EcoDesign nominiert. Neben ihrer Tätigkeit an der Hochschule betreibt sie zusammen mit der Kunsttherapeutin und Modedesignerin Lisa Adler das Modelabel SUPER FASHION RAINBOW CAMP. Vor dem Einstieg in die Welt der Mode war sie mehrere Jahre als Erzieherin in der Kinder- und Jugendarbeit tätig.
Bekleidung bringt bei ihrer Erzeugung, Nutzung und Entsorgung viele ökologische, soziale und ökonomische Probleme mit sich. Gemessen an der Handelsintensität stellt der Bereich Bekleidung und Textilien weltweit die zweitgrößte ökonomische Aktivität dar und ist daher ein bedeutendes Handlungsfeld im Rahmen einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Transformation der Wirtschaft und des Konsums.
Die Notwendigkeit, unseren Konsum freiwillig zu reduzieren, unsere Bekleidung länger wertzuschätzen und zu tragen, stellt Modedesigner_innen vor vielfältige Herausforderungen. Die Natur, mit ihren aufeinander abgestimmten Kreisläufen, dient dabei als direkte Inspirationsquelle, Bekleidung und angrenzende Wertschöpfungsprozesse zukünftig nachhaltiger und intelligenter zu gestalten.
Anhand aktueller Beispiele und bezugnehmend auf natürliche Vorgänge werden innovative Techniken, Konzepte und Strategien vorgestellt, die verdeutlichen, wie unsere Bekleidung längere Zeit in großen und kleinen Kreisläufen genutzt werden kann.
Foto © Corinna Guthknecht
Volker Feyerabend ist Professor für computergestützten Entwurf und Mode-Illustration an der Hochschule Hannover. Als freier Designer und Illustrator arbeitete er für verschiedene Labels, Firmen und Verlage (u.a. Jil Sander, Jette Joop, Douglas, Mercedes, ZDF, WDR, Gruner & Jahr). Seine Fachbücher sind im Stiebner-Verlag, München sowie – in spanischer und portugiesischer Übersetzung – bei Gustavo Gigli, Barcelona verlegt.
Thema des Vortrags ist die Darstellung einer kurzen Lehreinheit zur Entwurfsmethodik im zweiten Semester des Studiengangs Modedesign verbunden mit Überlegungen zu Natur und Mimesis. Ohne Körper- und Materialbezug kann kein Modedesign entstehen. Aufgezeigt werden Aspekte von Körpervorlagen am Beispiel der Performancekünstlerin Vanessa Beecroft und deren Verwendung für die Designentwicklung. Es wird gefragt, wie sich in zeichnerisch-illustrativen Methoden der Designentwicklung unsere Vorstellungen von Körpern und Kleidern offenbaren.
Foto © Corinna Guthknecht
Regine Rapp ist Kunsthistorikerin und Kuratorin. Schwerpunkte ihrer Forschung zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts sind Installationskunst, Text-Bildtheorie, das Künstlerbuch und Art/Science-Projekte. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle hat sie Kunstgeschichte gelehrt. Am Londoner Courtauld Institute for Art hat sie 2013 die Vortragsreihe „Art and Vision Science“ mit ihrem Gastvortrag »Engulfed and in Motion: Some Notes on the Phenomenon of Perception in Contemporary Installation Art« bereichert. Als Mitbegründerin von Art Laboratory Berlin (2006) hat sie bisher mehr als 40 Ausstellungen kuratiert und Ausstellungsreihen entwickelt (Time and Technology; Synaesthesia; [macro]/[micro]biologies). Parallel zur Ausstellung »Sol LeWitt. Artist’s Books« hat sie 2011 das internationale »Sol LeWitt_Symposium« konzipiert und umgesetzt. Zusammen mit Christian de Lutz hat sie die internationale interdisziplinäre Konferenz »Synaesthesia. Discussing a Phenomenon in the Arts, Humanities and (Neuro-)Science« entwickelt. Ihre letzte Publikation »[macro]biologies & [micro]biologies. Art and the Biological Sublime in the 21st Century« ist 2015 erschienen. Derzeit forscht und kuratiert sie zum Thema Nonhuman Subjectivities/ Nonhuman Agents.
Ein neues Aufkommen kollektiven Handelns ist eines der Merkmale des nonhuman turn. Es geht um eine Neudefinierung dessen, was es ist, menschlich zu sein; das Ich wird durch ein symbiotisches Wir ersetzt. Tieren, Pflanzen und anderen Lebewesen werden eigene Wirkung und Formen der Kommunikation zuerkannt, ihre einzigartigen Wege zur Anpassung an die städtische, mechanische und digitale Umgebung werden stärker erforscht. Mit dieser verflochtenen Struktur aus menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren im 21. Jahrhundert wird die Opposition von Subjekt und Objekt außer Kraft gesetzt. Eine Überwindung der Dichotomie von Natur und Kultur ist zu erkennen (Haraway; Barad). Überraschend intensiv setzen sich Künstler_innen weltweit mit diesen Phänomenen auseinander (Posthumanismus; Braidotti). In meinem Vortrag möchte ich ausgewählte künstlerische Positionen aus der aktuellen Reihe »Nonhuman Subjectivities« bei Art Laboratory Berlin kritisch reflektieren: Performative ästhetische Annäherungen an das Mikrobiom; Kooperationen von Künstler_innen, Designer_innen und Software-Spezialist_innen; polymodale Sonifikationen von Bakterien und Pilzen; Mechatronik und wie Quallen eine Maschine steuern; oder Musik aus der Petri-Schale.
Foto © Corinna Guthknecht
Ingeborg Reichle ist Professorin für Medientheorie an der Universität für angewandte Kunst Wien und lehrt zudem an der School of Visual Arts (SVA) in New York City. Der aktuelle Schwerpunkt ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit liegt auf dem relationalen Verhältnis von Gegenwartskunst und Naturproduktion in den Technowissenschaften (Biotechnologie und Synthetische Biologie). 2004 promovierte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Dissertation »Kunst aus dem Labor. Zum Verhältnis von Kunst und Wissenschaft im Zeitalter der Technoscience«, Springer-Verlag Wien/New York 2005 (engl. »Art in the Age of Technoscience. Genetic Engineering, Robotics, and Artificial Life in Contemporary Art«, Springer-Verlag New York 2009) und habilitierte dort 2013 zudem mit der Schrift »Bilderwissen – Wissensbilder. Zur Gegenwart der Epistemologie der Bilder«.
Sie ist Mitherausgeberin folgender Schriften: »Medien der Kunst. Geschlecht, Metapher, Code« (Jonas Verlag, Marburg 2004), »Verwandte Bilder. Die Fragen der Bildwissenschaft« (Kadmos Verlag, Berlin 2007), »Visuelle Modelle« (Fink Verlag, München 2008), »Maßlose Bilder. Visuelle Ästhetik der Transgression« (Fink Verlag, München 2009), »Atlas der Weltbilder« (Akademie Verlag, Berlin 2011) und »IMAGE MATCH. Visueller Transfer, ›Imagescapes‹ und Intervisualität in globalen Bildkulturen« (Fink Verlag, München 2012).
Die technologische und mediale Rahmung des Lebendigen durch Verfahren der Biotechnologie hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer Austauschbarkeit von Code und Materie geführt und das Biologische offen werden lassen für neue Design-Anwendungen. Fokussierte sich die Avantgarde der Medienkunst lange Zeit auf technische Medien, so kamen in der Mitte der 1990er Jahre eine Vielzahl von medientechnologischen Innovationen hinzu, die gegenwärtig unter dem Ausdruck »Biomedien« firmieren. Mit Biomedien hielten lebendige Systeme als biologisch-technische Konstellationen Einzug in die Kunst- und Designwelt, was zu einer umfassenden Neubewertung des Verhältnisses von Kunst und Naturproduktion in den Technowissenschaften führte. Der Vortrag wird die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen und synthetischen Mikroorganismen (genome editing, synthetische Biologie, CRISPR) sowohl in der Kunst als auch im neuen Feld des Biodesign skizzieren und zugleich neue Tendenzen des DIYbio vorstellen.
Foto © Corinna Guthknecht
Dr. Friedrich Weltzien ist Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, seit 2013 Professor für Kreativität und Wahrnehmungspsychologie an der Hochschule Hannover, Abteilung Design und Medien. Zuvor war er Gastprofessor für Kulturgeschichte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee, Assistent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam und Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich »Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste« an der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte liegen in der Kunst- und Designtheorie vom 18. bis ins 21. Jahrhundert und der Vernetzung zwischen Kunst-, Medien- und Wissenschaftsgeschichte, er ist Spezialist für ästhetische Theorien des Flecks. Lehrinhalte werden u.a. zu Comicgeschichte, Medientheorie der Mode, Raumtheorien, experimentellen Bildpraktiken oder interkultureller Kommunikation angeboten. Ein methodischer Fokus ist in Forschung und Lehre auf die Produktionsästhetik gerichtet.
Antonia Ulrich ist Philosophin und Kulturwissenschaftlerin. Sie ist Mitarbeiterin im Bereich Theorie und Wissenschaft der Abteilung Design und Medien der Fakultät für Medien, Information und Design an der Hochschule Hannover. Zudem ist sie Doktorandin am Institut für Philosophie der Universität Potsdam; dort arbeitet sie zum Thema einer Veränderung des Konzepts künstlerischer Produktion. Ulrich war Promotionsstipendiatin im Graduiertenkolleg »Praxis und Theorie des künstlerischen Schaffensprozesses« an der Universität der Künste Berlin. Sie publiziert und lehrt zu den Forschungsschwerpunkten: Philosophie der Kunst und Ästhetik, vor allem Kreativitätstheorie und Produktionsästhetik; politische, medien- und genderspezifische Bedingungen der Philosophie und der Kunst sowie Animal Studies. In diesem Bereich hat sie gemeinsam mit Jessica Ullrich drei Ausgaben der interdisziplinären Zeitschrift »Tierstudien« herausgegeben: »Metamorphosen« (4/2013), »Tiere und Tod« (5/2014) sowie »Mimesis – Mimikry – Mimese« (11/2017). Sie co-kuratierte die Ausstellung »Tier-Werden, Mensch-Werden« in der NGBK Berlin und ist u.a. Mitglied von »Minding Animals Germany« und »CLAS (Cultural Literary Animal Studies)« an der Universität Würzburg. Ulrich studierte Philosophie, Kunstgeschichte und Neuere deutsche Literatur in Hamburg und in Paris.
In unserem Vortrag stellen wir zwei künstlerische Positionen vor, welche die Auseinandersetzung mit ökologischen Systemen als kreative Praktiken sichtbar machen.
Der kolumbianische Performancekünstler Oscar Leone Moyano filmt in der Serie »Biofilia Amazonas« (2013-2017) eine Reihe von Handlungen, bei denen er selbst in rätselhafter Weise mit der Umwelt interagiert. Es geht ihm dabei darum, die Grenze zwischen Mensch und Natur zu verwischen, indem er gegenseitige Reaktionen provoziert. Dabei ahmt er nicht nur pflanzliches und tierliches Verhalten nach, sondern inszeniert kosmologische Überlieferungen, die er von den indigenen indianischen Bewohner_innen des Amazonasgebietes in persönlichen Gesprächen erfahren hat.
Die US-amerikanische Künstlerin Agnes Denes gilt als Pionierin der environmental art. Ihre Arbeit »The Living Pyramid« (2015/2017) bei der diesjährigen Documenta 14 im Kasseler Nordstadtpark, eine 9 × 9 × 9 m große Pyramide aus stufenförmig angelegten, mit Holz eingefassten Pflanzenbeeten, steht in einem Geflecht gestalterischer und mimetischer Bezüge: etwa zur Konzeptkunst, zur Land Art, zur partizipativen Kunst, zur (Landschafts-)Architektur, zum Produktdesign, zur Theatralität, zur Mathematik sowie zu einer Ethik der Fürsorge.
Beide Künstler_innen nutzen mimetische Verfahren, um ästhetisch komplexe Werke entstehen zu lassen, die gleichermaßen ökologische wie künstlerische Ansprüche geltend machen.
Fotos © Corinna Guthknecht
Kai van Eikels ist Philosoph, Theater- und Literaturwissenschaftler und arbeitet am Institut für Theaterwissenschaften der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Kollektivformen wie »Schwärme« oder »Smart Mobs«, Kunst und Arbeit, Performance und Politik. Aktuelle Veröffentlichungen: »Die Kunst des Kollektiven« (Fink 2013), »Art works – Ästhetik des Postfordismus« (mit dem Netzwerk Kunst + Arbeit, bbooks 2015); Theorie-Blog: https://kunstdeskollektiven.wordpress.com
Wie materiell konkret lässt sich der politische Begriff des Widerstands verstehen? Kai van Eikels plädiert in seinem Vortrag dafür, über der Metaphorik der Verbindung die Wirklichkeit getrennten körperlichen Agierens zu Vielen nicht zu vergessen: Widerstand, so die Hypothese, meint nicht lediglich die vereinte Verkörperung von Negation, sondern ein Moment, das in der Reibung zwischen den gemeinsam Handelnden wirksam wird. Durch Widerstand findet ein Körper Halt an einem anderen. Dank Widerstand bietet eine endliche Bewegung weiteren endlichen Bewegungen Gelegenheit, sich ein Stück weit von ihr tragen zu lassen. Politische Kollektivität entfaltet sich in der Materialität dieses Tragens.
© Corinna Guthknecht
Robert Bramkamp studierte Germanistik und Kunst (Filmklasse) in Münster. Er dreht seit 30 Jahren erzählende Filme, in denen das Verhältnis von Fakt und Fiktion unkonventionelle Verbindungen eingeht, darunter »Der Himmel der Helden« (1988), »Die Eroberung der Mitte« (1995), »Prüfstand 7« (2000), »Enki Projekt« (2006) und »Art Girls« (2014). Bramkamp lehrte am Pasadena Art Center und von 1998 bis 2005 an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Spielfilmregie. Seit 2008 ist er Professor für experimentellen Film an der HfbK-Hamburg. 2013 organisierte er den Kongress »Offensiv Experimentell«. Seit 1988 kooperiert er mit der Künstlerin Susanne Weirich, mit der er 2009 die IFF-Hamburg ›Institut Forschender Film‹ GmbH gründete, um den SciFi-Kinofilm »Art Girls« zu produzieren.
Wer heute als Filmemacher von den Geldströmen der Filmindustrie profitieren will, kommt nicht drumherum, Drehbücher zu entwickeln, die einer spezifischen Erzähl-Konvention gehorchen. Plot-Points müssen abgearbeitet und vitalistische Konfliktzuspitzungen betrieben werden, die das Zeug haben, das Medieninteresse zu erregen. Den komplexen gesellschaftlichen Realitäten des 21. Jahrhunderts werden diese Erzähl-Konventionen kaum gerecht und es stellt sich die Frage, wie ein anderes, alternatives filmisches Erzählen aussehen könnte.
Der Filmemacher Robert Bramkamp ist gemeinsam mit der bildenden Künstlerin Susanne Weirich in Filmprojekten wie »Art Girls« und »Neue Natur« dieser Frage nachgegangen. Sie setzen den weithin im Filmgeschäft geltenden Erzählkonventionen die Strategie einer »narrativen Regionalentwicklung« entgegen, die zum einen versucht, die konkreten Erfahrungen »kollektiver Erzähler« zur Geltung kommen zu lassen und zum anderen die maximale, polyphone Eigendynamik von Kunst ins Spiel zur bringen. In seinem Vortrag berichtet Robert Bramkamp von dieser Form der widerständigen Filmarbeit.
Seit dem 1.9.2013 Professor für Kreativität und Wahrnehmungspsychologie an der Hochschule Hannover, Fakultät III, Abteilung Design und Medien.
SS 2010 – WS 2010/11 Gastprofessur für Kulturgeschichte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee.
2011 Abschluss des Habilitationsverfahrens an der Freien Universität Berlin, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften.
2003-13 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität der Künste Berlin, der FU Berlin und der Universität Potsdam.
2002 Verleihung der Doktorwürde durch die philosophische Fakultät der Universität zu Köln mit der Bewertung summa cum laude. Studium: Kunstgeschichte, klassische Archäologie, Philosophie an den Universitäten Freiburg, Wien, Köln und FU Berlin.
Kriegsführung wird heute auch und vor allem im Internet und unter Nutzung digitaler Technologie praktiziert. Es kann mitunter effizienter sein, den militärischen Gegner zu hacken, als ihn mit Bomben zu bewerfen. Überwachungstechnologie – das wissen wir nicht nur durch den Whistleblower Edward Snowden – gehört dabei zu den bedeutendsten Entwicklungen der Militärtechnik der vergangenen Jahrzehnte. Und hierbei zählt wiederum die automatische Gesichtserkennung zu den Forschungsfeldern, die einen Großteil der Finanzierung verschlungen hat.
In den USA macht seit ein paar Jahren eine interessante Form, Design als Waffe in diese Form der Kriegsführung einzubringen, von sich reden. Mit Begriffen wie Anti-Detection, Stealth Wear oder Computer Vision Dazzle beschreiben Künstler wie Bronwyn Lewis oder Designer wie Adam Harvey ihre Entwürfe, die Hairstyling, Make-up und Kleidung dazu nutzen, Gesichtserkennungssoftware zu überlisten und sich somit unsichtbar zu machen für festinstallierte Kameras und Drohnen.
Grundlage sowohl der Gesichtserkennung als auch der designbasierten Defensivbewaffnung ist die Gestalttheorie, die insbesondere von Max Wertheimer ab 1910 wahrnehmungspsychologisch ausformuliert wurde. Nach diesen Thesen zur Ordnungs- und Mustererkennung wurden im Ersten Weltkrieg auch erste Tarnanstriche, beispielsweise für Kriegsschiffe, entwickelt. Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es keine militärische Kampfausrüstung mehr, die auf Camouflage verzichtet.
In meinem Vortrag möchte ich anhand der historischen Herleitung dieses Beispiels zeigen, dass Design als kulturelle Praxis immer auch militärisch nutzbar ist, ja sogar bestimmte Formen der Kriegsführung erst ermöglicht. Ich will auch deutlich machen, dass Designtheorie nicht unschuldig ist und sich zudem beide – Praxis und Theorie – immer eng bedingen.
Gerald Schröder ist Professor für Design- und Kunstwissenschaft im Fachbereich Gestaltung an der Hochschule Trier. Zuvor war er am Kunstgeschichtlichen Institut an der Ruhr-Universität Bochum tätig, wo er sich auch habilitiert hat mit einer Arbeit über Schmerzensmänner – Trauma und Therapie in der westdeutschen und österreichischen Kunst der 1960er Jahre. Publiziert hat er darüber hinaus über moderne und zeitgenössische Kunst sowie zur Kunsttheorie und Skulptur der Frühen Neuzeit.
Zentraler Gegenstand meiner Untersuchung ist ein Stuhlentwurf von Alessandro Mendini aus dem Jahr 1983 mit dem Titel Redesign Wassily-Chair. Bei seiner Interpretation hat der italienische Designer den Bauhaus-Klassiker von Marcel Breuer, den Clubsessel B3 aus dem Jahr 1926, der später unter dem Namen Wassily-Chair populär geworden ist, mit einem Camouflagemuster überzogen und dabei die strenge grafische Formgebung der Vorlage durch organische Formen optisch aufgebrochen und verunklärt. Welche Bedeutung kommt dem Camouflagemuster im Kontext der Postmodernediskussionen zu, die zur Zeit der Entstehung des Redesign Wassily-Chair geführt wurden? Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich die These vertreten, dass die Camouflage als Bloßstellung des versteckten bzw. getarnten „Militarismus“ des modernen funktionalen Designs zu verstehen ist. Die bewusst eingesetzte Tarnung macht in diesem Fall nicht unsichtbar, sondern bringt etwas zur Erscheinung, was ohne Camouflage übersehen worden war.
Dr. Marburger studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie an der Universität zu Köln und promovierte über die kunsttheoretische Relevanz der Schriften Vilém Flussers. Zurzeit unterrichtet er Kunst-, Medien- und Gestaltungstheorie an der Fachhochschule Dortmund und der Universität der Künste Berlin. Seit 2005 ist er Mitherausgeber der International Flusser Lectures.
Von der künstlerischen Gestaltung wird seit der Moderne einiges erwartet: Sie soll Grenzen überschreiten, mit Konventionen brechen, überraschend sein und konzeptuell ebenso überzeugen wie ästhetisch. Dazu soll sie politischen Einfluss nehmen. Nach Meinung der Berliner Dadaisten um George Grosz und John Heartfield war dies sogar die vorrangigste Aufgabe von Künstlerinnen und Künstlern – nach der Erfahrung des Ersten Weltkriegs sollte Kunst als Waffe verwendet werden, um zukünftige Kriege zu verhindern.
Und heute? Was erfordert aktuell die künstlerische Agitation? Welche Erwartungen werden an die Gestaltung gestellt? Welche gesellschaftlichen Funktionen sollen Kunst und Design in unserer Zeit erfüllen, welche Kriege führen?
Studium der Kunstgeschichte, Kulturwissenschaften, Medienwissenschaften und Romanistik in Marburg, Montpellier und Bremen. Ab Wintersemester 2014/15 Vertretungsprofessur am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität.
2012-2014 Vertretungsprofessur für Kunstwissenschaft mit Schwerpunkt Kulturwissenschaften an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, davor Professorin für Kulturwissenschaftliche Gender Studies an der Universität der Künste Berlin.
Arbeitsschwerpunkte: Geschichte der optischen Medien und der visuellen Wahrnehmung, Foto- und Filmtheorie, Medien und Gewalt, Raumwissenschaften, Kulturwissenschaftliche Geschlechterforschung.
Aktuelle Buchprojekte: Bilder als Regierungstechnologien. Krieg, Terror und Visualität seit 9/11. (in Vorbereitung, 2014). Weiße Tränen: Lynching und Melodrama in der Visuellen Kultur der USA. (in Vorbereitung, 2014).
In diesem Vortrag geht es um die Überlegung, inwiefern die offizielle Bilderpolitik der Obama-Regierung mit ihrem visuellen Entzug der Tötung von Osama bin Laden vielleicht doch mehr als wir zunächst glauben möchten mit dem triumphalistischen Zeigegestus der Bush-Ära verbunden bleibt. Mit Ausführungen von Emmanuel Levinas, Jean Paul Sartre und Joan Copjec werde ich den Affekt der Scham näher untersuchen und für eine Ethik der „BetrachterInnenscham“ als Widerstandstechnik auf dem Feld der westlichen visuellen Kultur plädieren.
http://www.nützliche-bilder.de
Etwas ›zu spielen‹ meint vordergründig, es aus dem ›Ernst des Lebens‹ herauszunehmen. Gleichzeitig ist das Spiel von ›heiligem Ernst‹. Herumtollende Welpen ›spielen‹, zweckfrei und ohne Konsequenzen, gleichzeitig üben sie in diesem Spiel bereits den Kampf um Rudelführerschaft und die Unterwerfung des Konkurrenten. Wie wir dieses Spiel sehen und lesen, ist eine Frage des Rahmens, den wir uns für unsere Lektüre des Spiels setzen.
Ähnlich verhält es sich mit den »Theaters of War« (Tim Lenoir/ Henry Lowood), der langen Linie von militärisch-politischen war games. Wir begreifen Schach, die Kriegsspiele Reisswitz‘ oder Hellwigs, das Sichelschnitt-Planspiel oder das US-amerikanische SIMNET als konkrete und performante Simulationen, deren Ziel die konkrete oder abstrakte Überführung ins Operationale ist. Ebenso setzten wir populäre (digitale) Unterhaltungsspiele (von Tanktics bis Operation Flashpoint) in einen solchen Zusammenhang.
Aber auch hier erscheint die frage nach dem Rahmen angebracht: aus welcher Perspektive betrachten wir solche Spiel/Simulationen? Und vielleicht noch entscheidender ist die Frage, welche Rahmen wir nicht (mehr) sehen: welche anderen Rationalitäten, welches Wissen und welches Handlungsmächtigkeiten transportieren die Planspiele, Kriegssimulationen und Szenarien? Welche Denkbarkeits- und Machbarkeitsphantasien werden durch die Theaters of War in einer ›gamifizierten‹ Gesellschaft gestaltet?
1979 bis 1982 Ausbildung zur Damenschneiderin im Couture-Bereich
1984 bis 1989 Studium Modedesign, Hochschule für Künste Bremen
seit 1982 freiberufliche Tätigkeit für Firmen, Museen, Messe, Werbung, Theater
1990 bis 2002 Designerin im Studio Vivienne Westwood London unter anderem für „Anglomania“ und „Red Label“
seit 2002 Lehrtätigkeit am Royal College London, Akademie JAK Hamburg, Textilhochschule Boras, China Academy of Art Hangzhou
seit Oktober 2005 Professorin an der Hochschule Hannover, Studiengang Modedesign, Schwerpunkt experimentelle Modedesign Methoden und interdisziplinäre Modeprojekte
Wie alle Konsumgüter stehen Mode und Bekleidung in direktem Zusammenhang mit Konflikten und Kriegen.
Das Ende fossiler Rohstoffe ist vorhersehbar und damit verbunden auch die Verknappung aller Materialien und Produkte.
Ungerechte Verteilung von Ressourcenkonsum steht im krassen Gegensatz zur fortschreitenden Globalisierung der Markenkonzerne, deren wichtigstes Kriterium billige Produktion ist. Zeitdruck und Konkurrenz wächst mit den immer schneller werdenden Zyklen der modischenTrends. Der ökonomische Kollaps naht und schon jetzt leidet die Natur und die Menschenwürde.
Auch Modedesigner sind gefordert, den Umgang mit Material und Energie zu Produktion, Nutzung und Entsorgung von Textilien, Mode und Bekleidung neu zu überdenken.
An Beispielen zeitgenössischen Modedesigns (unter anderem aus dem Studiengang Modedesign der Hochschule Hannover) werden innovative Techniken, Konzepte und Strategien vorgestellt, in deren Zentrum nicht nur die nachhaltigen Inhalte, sondern auch deren Kommunikation steht. Diese Kleider sind nicht nur friedlich, sondern sie protestieren, bekennen, verbinden und helfen.
Unter dem programmatischen Titel Perspektiven für das Design der Zukunfthat der Philosoph Wolfgang Welsch für einen erweiterten Design-Begriff plädiert. „Der Aufgabenbereich des Designs“, Welsch schreibt, „erschöpft sich nicht im Objekt-Design, sondern beginnt bereits bei der Einrichtung der Lebensverhältnisse und der Prägung von Verhaltensformen.“ Im Blick auf die Umstrukturierung all unserer Lebensbedingungen, die von den globalen Problemen der Ökonomie und Politik bis zu den persönlichsten Lebensverhältnissen reicht, komme einem erweiterten neuen Design für diese Umgestaltung eminente Bedeutung zu. Es sei durchaus möglich, dass „das 21.Jahrhundert ein Jahrhundert des Designs“ (Welsch) werden könnte.
Eines der folgenreichsten Anwendungsbereiche eines solchen erweiterten Daseins-Designs oder Life Designs, wie man sagen könnte, ist zweifelsohne Krieg. Analog zur Lebensgestaltung bezieht sich die Kriegsgestaltung nicht so sehr auf die eingeschränkte und rein militärische Realität von gewaltsamen Kampfhandlungen oder auf das Design von eingesetztem Kriegsmaterial: Meine Überlegungen werden die Kriegsgestaltung (im Sinne des Welschen Plädoyers) als „die Umstrukturierung all unserer Lebensbedingungen“ diskutieren. Als philosophische Erweiterung und Fortsetzung des Designs mit anderen Mitteln kommt Kriegs-Design oder War Design gegenüber den globalen Problemen der Ökonomie und Politik bis zu den persönlichsten Lebensverhältnissen zum Einsatz. Ein Schlachtfeld dieser Kriegsgestaltung ist die Ernährung: Nahrungskriege oder Food Wars.
Im Unterscheid zu der gesellschaftlichen Problematisierung der so genannten Neuen Kriege und deren aktuellen Kriegsschauplätzen (die sich nach dem Ende des Kalten Krieges — und trotz der internationalen Kooperationspolitik in der Folge des Ersten und Zweiten Weltkrieges — anstelle des erhofften ewigen Weltfrieden ausbreiten) wird den aktuellen Nahrungskriegen bislang kaum öffentliche Wahrnehmung entgegengebracht. Doch der verzweifelte Kampf um Lebensmittel wird ebenso wie der friedliche Zugang zu gutem Essen in den kommenden Jahrzehnten zu den dringlichsten Herausforderungen der Weltgemeinschaft gehören.
Diese Perspektive nimmt eine politische Gastrosophie zum Anlass, um über die Zusammenhänge zwischen Kriegsgestaltung und Ernährung nachzudenken. Der Vortrag wird sich dieser bislang wenig erörterten Problematik in drei Schritten annähern. Zunächst wird zu fragen sein, ob und wie aktuell in der Philosophie über Krieg bzw. Kriegsgestaltung nachgedacht wird. In dem Versuch, der philosophischen Kriegsblindheit zu ersten neuen Einsichten zu verhelfen, beziehe ich in einem zweiten Schritt die kriegsphilosophische Reflexion auf das globale Nahrungsgeschehen. Es werden unterschiedliche Konstellationen analysiert: Krieg für Nahrung; Kriegsnahrung; und Nahrungskriege. Abschließend müssen die Konsequenzen thematisiert werden, die sich ergeben, wenn die Rede davon ist, dass wir uns angesichts des massenhaften Hungertodes weltweit schon längst inmitten der Gestaltung eines „Dritten Weltkriegs“ (Jean Ziegler) befinden. Muss nicht sogar über die Schlachtfelder der Neuen Kriege und deren Design hinaus gerade der konsumkapitalistische „Krieg gegen die Erde“ (Vandana Shiva) philosophisch reflektiert und zum Ausgangspunkt einer Friedensphilosophie, eines Peace Designs gemacht werden?
seit Sept. ‘98 – Professor an der FH Hannover, heute Hochschule Hannover. Berufung mit der Denomination ‘Rechnergestütztes Konstruieren und Entwerfen’ am Fachbereich Architektur.
seit Sept. ‘09 – Übergreifende, interdisziplinäre Lehre an der HS-Hannover, Fakultät 3 – Design und Medien: Grundlagen der Gestaltung, Experimentelles Entwerfen, Gestaltung im Boots- und Schiffsbau.
Bis in das 20. Jahrhundert hinein waren Kriegsschiffe die komplexesten, je von Menschen ersonnenen Gegenstände. Ähnlich wie bestimmte Smartphones, regen sie den Geist dazu an, sie als lebendige Wesen zu verstehen, oder gar als Erweiterung des eigenen Körpers. Kriegsschiffe, sofern intakt, erhöhen die Schlagkraft ihrer Besatzung in eine übermenschliche, quasi göttliche Dimension. Seit jeher waren sie Vehikel des Aufbruchs, vielleicht eines Aufbruchs in die Freiheit, in jedem Fall aber das geeignete Werkzeug zur Erforschung und Eroberung neuer Welten…
Jens Wehner studierte Neuere und Neueste Geschichte, Mittelalterliche Geschichte, Technikgeschichte und Geographie an der TU Dresden. Er promoviert bei Sönke Neitzel zu dem Thema: „Technik können Sie von Taktik nicht trennen.“ – Zur Technikkultur der deutschen Jagdwaffe, 1935-1945 (AT)
Von 2006 bis 2011 war er Freier Kurator für die Dauerausstellung im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden. Seit 2011 ist er dort Sachgebietsleiter Bildgut. 2012/13 war er Leitender Kurator der Sonderausstellung „Stalingrad“.
Aufgrund der Forschungslage versucht der Vortrag kursorisch den Wirkungszusammenhang zwischen drei wesentlichen Perspektiven zur Flugtechnik der Wehrmacht herauszuarbeiten. Dies geschieht anhand ausgewählter Flugzeugtypen. Zuerst sollen wesentliche Designmerkmale und deren Entstehung betrachtet und interpretiert werden. Anschließend wird diskutiert, inwieweit diese militärische Erwartungen erfüllten. Schließlich sollen die Perzeptionen der Opfer, Gegner und Bediener der Flugzeuge angerissen werden. Wie wurden diese „fliegenden Gewaltmaschinen“ wahrgenommen und welche Kontinuitäten sind in der Rezeption zu finden?
Ziel des Vortrages ist es, mögliche Fragestellungen vorzuschlagen und methodische Probleme anzureißen. Es soll so ein Beitrag zu einen Forschungsdesiderat geleistet werden, dass bisher nur sehr geringe Beachtung fand.
Professor für Kommunikation & Projektmanagement an der Hochschule Hannover, Fakultät III – Medien, Information, und Design.
Fotografenlehre, Studium Kommunikationsdesign (Dipl.Des.), Promotion über Technologische Bilder (Dr. phil.).
Dozent für Fotografie an der ‚Alten Post‘ in Neuss, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Magdeburg, künstlerischer Assistent an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Ständige Lehrangebote seit 1989, u.a. Gastprofessor für angewandte Bildwissenschaft an der HBK Braunschweig (2008/09), als Vertretungsprofessor für Designtheorie an der FH Mainz (2010/11) und als Vertretungsprofessor für‚ Theorien der Wahrnehmung, Medien und Kommunikation‘ im FB Design der FH Münster (2013).
Seit 2008 diverse Lehraufträge an der HAWK Hildesheim / Gestaltung (2008-2013); FH Dortmund / FB Design (2011-2013); FH Münster / FB Design (2012-2013); FH Hannover / FB Design (2011) und FH Düsseldorf / FB Design (2011/12).
Scholz, Martin (Hrsg.): 18. Bandes (Bild und Moderne). IMAGE. Journal of Interdisciplinary Image Science. Tübingen2013.
http://www.gib.uni-tuebingen.de/image
Scholz, Martin (Hrsg.): 12. Band (Bild und Transformation). IMAGE. Journal of Interdisciplinary Image Science. Tübingen2010.
http://www.gib.uni-tuebingen.de/image
Scholz, Martin; Helmbold, Ute (Hrsg.): Bildersampling. Wie viele Bilder brauchen wir?. Reihe Bildwissenschaften Bd. 17. Wiesbaden: DUV, 2006.
Scholz, Martin: »Der Fels, der Tanz, die Macht und ihre Bilder – Felsmalerei der San«. In: Scholz, M.; Helmbold, U. (Hrsg.): Bildersampling. Wie viele Bilder brauchen wir?. Wiesbaden: DUV, 2006, S. 15-62.
Helmerdig, Silke; Scholz, Martin: Ein Pixel, Zwei Korn. Grundlagen analoger und digitaler Fotografien und ihre Gestaltung. Frankfurt a. Main: anabas, 2006.
Scholz, Martin:»Kommunikationsdesign«. In: Sachs-Hombach, Klaus (Hrsg.): Bildwissenschaft. Disziplinen, Themen, Methoden. Frankfurt / Main 2005: Suhrkamp, S. 335-348.
Scholz, Martin: »Kommunikationsdesign. Methoden und Ergebnisse der bildschaffenden Forschung«. In: Klaus Sachs-Hombach (Hg.): Bildwissenschaften zwischen Reflektion und Anwendung. Köln: Herbert von Halem Verlag, 2005, S. 413-426.
Scholz, Martin: Technologische Bilder. Aspekte visueller Argumentation. Weimar: VDG, 2000. Schirra, Jörg; Scholz, Martin: »Abstraction versus realism: not the real question«. In: Strothotte, Thomas: Computational Visualization. Abstraction and Interactivity. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 1998, S. 379-402.
Der Begriff ‚Kriegsfilm’ beschreibt ein merkwürdiges Genre. Kaum jemand gibt zu, diese Filme zu sehen, aber alle kennen die Handlung, bspw. ‚Im Westen nichts Neues’, ‚Die Brücke am Kwai’, ‚Das Boot’, ‚Black Hawk Down’. Das Zwitterhafte dieser Filmsorte zeigt sich deutlich in ihrer historischen Verortung. Während die Filmdokumentation / Reportage dem Aspekt der Authentizität des Gezeigten verpflichtet ist, agieren Combat-Filme, bspw. ‚Rambo, ‚Die Wildgänse kommen’, im freien Feld der Fiction. Der Kriegsfilm verbindet nun beide, eben Fiction und Realität, indem er sich an wesentlichen historischen Kriegshandlungen, bspw. an der Invasion der Alliierten 1944, orientiert und dann Einzelgeschichten in diesen Kriegsverlauf einwebt. Die Filmpersonen beeinflussen dann wiederum, zumindest behauptet es der Film, den Verlauf der Auseinandersetzung (und unsere Deutung des gesamten Krieges), bspw. ‚Der Soldat James Ryan’ oder ‚Der schmale Grad’.
Insofern zeigt der Kriegsfilm nicht nur Tod, Leid und Verlust, sondern er erklärt dem Publikum die Beziehung von menschlicher Teilhabe an großen historischen Ereignissen durch eine ständige Verknüpfung von Bekanntem (Zivilem) im Unbekannten (Krieg) und mit Hilfe darstellerischer und dramaturgischer Nahaufnahmen, d.h. mittels Fokussierungen.
Die daraus entstehende Geschichte ist gestaltet, sie ist nicht notwendigerweise authentisch, aber sie vermittelt einen realitätsnahen, oder zumindest glaubhaften Eindruck des Kriegsgeschehens und zeigt individuelle Verhaltensweisen auf. Kriegsfilme zeigen, was passiert wenn kulturelle Vereinbarungen nicht mehr gelten und sie zeigen das einem Publikum, dass ‚den Krieg’ häufig gar nicht kennt. Der Vortrag behandelt den Aspekt der ‚Genauigkeit’ als wesentlichen Gestaltungsfaktor, der Kriegsfilme von anderen Genres abgrenzt.
Professorin für Designtheorie und -forschung an der Köln International School of Design der FH Köln. 2003–2013 wiss. Mitarbeiterin am Institut für Mediales Entwerfen der TU Braun-schweig (ab 2009 Akademische Rätin). Studium der Kunstgeschichte, Neueren Deutschen Literatur und Theaterwissenschaft (Magister) sowie Studium der Architektur (TU Diplom) in Köln, Wien und Berlin. 2011 Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Ar-beit Form und Zeit. Computerbasiertes Entwerfen in der Architektur. Forschungsschwerpunk-te: Bildwissenschaft und Architektur, Kulturtechnik des Entwerfens, mediale Durchdringung des öffentlichen Raumes.
„I dont’ have eyes“, moniert ein US-Rekrut in Harun Farockis Videoessay Serious Games gegenüber seinen Mitspielern in einer virtuellen Kampfsimulation, als die Sicht seines Pan-zerschützen-Avatars versperrt ist. Die Gleichsetzung der menschlichen mit den technischen Augen gehört zu den charakteristischen Effekten jener Visualisierungen, die als Schnittstellen zwischen Kriegsoperateur und Maschine fungieren und damit handlungsanleitend in militäri-sche Prozesse eingreifen. Während digitale Bilder zunächst zur Durchführung von „Probe-handlungen“ in einer virtuellen Realität verwendet wurden, haben die jüngsten Entwicklun-gen bildgeführter Techniken Verfahren hervorgebracht, die eine Ausführung von „Echthand-lungen“ ermöglichen. Anhand von Bildern in Echtzeit erfolgen militärische Operationen, die unmittelbare und weitreichende Auswirkungen auf Menschen und Körper haben.
Besonders markant sind solche Bildoperationen bei Einsätzen bewaffneter Kampfdrohnen. Sie verändern die Verhältnisse zwischen Körper, Raum und Sicht grundlegend. Während sich der Drohnenpilot weit entfernt vom Einsatzort des Kampfgerätes aufhält, verfügt er über eine bis dahin unbekannte Nahsicht auf das Geschehen. Die mit Kameras ausgestatteten Drohnen perfektionieren die Fähigkeit, zu sehen, ohne gesehen zu werden. Trotz physischer Abwesen-heit auf dem Schlachtfeld bleibt der Drohnenflieger keineswegs unversehrt, denn die Echt-zeitbilder können ähnliche posttraumatische Störungen auslösen wie unmittelbare Erlebnisse. Traditionelle Bomberpiloten sehen ihr Ziel nicht, der Drohnenflieger sieht es dagegen aus nächster Nähe. Er beobachtet den ‚Gegner‘ über eine gewisse Zeit, wodurch er eine intime Kenntnis von ihm gewinnt, bevor der Angriff erfolgt. Und er sieht ebenso präzise, was bei der Explosion und danach mit dem Ziel passiert. Es mutet paradox an, dass ausgerechnet jene technischen Bilder, die zur Vorbereitung und Durchführung kriegerischer Operationen die-nen, ebenfalls zur therapeutischen Behandlung traumatisierter Piloten eingesetzt werden. Und auch überlebende Opfer der Drohneneinsätze verarbeiten ihre traumatisierenden Erlebnisse, indem sie sich mit Computersimulationen konfrontieren lassen, die den Drohnenangriff re-konstruieren. Der Vortrag widmet sich den vielfältigen Funktionen und Wirkungen dieser neuen Kriegsbilder und untersucht zugleich die Gegenstrategien des Blickentzugs wie den Bau unsichtbarer Tunnelsysteme und inszenierter Dachkulissen oder die Gestaltung von Anti-Drohnen-Kleidung und Camouflage-Make-up, das eine Gesichtserkennung per Scanner ver-hindern soll.
Karen Fromm, studierte Kunstgeschichte, Literaturwissenschaften und Kulturmanagement in Hamburg und Berlin. Promotion an der Humboldt-Universität zum Thema ‚Das Bild als Zeuge‘.
1995 – 1999 Leitung der Galerie Pfefferberg in Berlin.
1999 – 2007 Leitung des Referats für Ausstellungen, CSR und Corporate Design bei Gruner + Jahr.
2008 – 2011 Mitglied der Geschäftsleitung der Photo- und Presseagentur FOCUS. Vorsitzende des Freundeskreises des Hauses der Photographie in Hamburg.
Seit 2011 Verwaltungsprofessorin für ‚Fotojournalismus und Dokumentarfotografie‘ an der Hochschule Hannover.
„When there are photographs, a war becomes ‚real‘.“ (Susan Sontag)
Krieg ist auf Darstellung angewiesen. Jede Frage nach dem Verhältnis von Krieg und Medien, jede Beschäftigung mit dem Bild vom Krieg ist daher eine, die sich der Entwicklung der Medien samt ihrer jeweiligen technischen wie ästhetischen Eigenheiten widmen muss. Blickt man in die Historie, zeigt sich, dass bis heute jeder Krieg neue mediale Techniken und damit auch eigene Visualisierungsstrategien mit sich gebracht hat – von Roger Fentons frühen Bildern vom Krimkrieg, die unter enormen technischen Schwierigkeiten entstanden, bis zum Phänomen der sogenannten ‚Medienkriege‘ der neueren Zeit. Medialisierung erweist sich als eine historische Konstante des Redens und Denkens über den Krieg. Ausgehend von der journalistischen Bilderproduktion des 1. Weltkriegs stellt der Vortrag die Frage nach der Gestalt des Krieges, wie sie sich medial formt und in der Berichterstattung sichtbar wird. Der Vortrag zeigt, dass sich jeder Journalist, jeder Kriegsberichterstatter in irgendeiner Form zum Krieg positionieren muss, um ihn zu vermitteln. Dabei gerät er oftmals zwischen die Fronten und wird Teil dessen, von dem er Zeugnis abzulegen sucht.
Abb.: Caption: Frank Hurley: Der Angriff (The Raid), 1917, in: Gerhard Paul: Das Jahrhundert der Bilder, S.197.
Änne Söll ist zur Zeit Vertretungsprofessorin für Modern und zeitgenössische Kunst an der Ruhr-Universität Bochum. Forschungsschwerpunkte sind die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts mit dem Fokus auf Geschlechterthemen, Affektforschung, Mode, Zeitschriften, Videokunst und Fotografie. Ihre Dissertation zum Thema Körper in den Arbeiten von Pipilotti Rist ist 2004 erschienen. Ebenso Publikationen zum Thema Künstlerzeitschriften, Modefotografie, Porträt und Neuen Sachlichkeit. Sie hat ihre Habilitation über Männlichkeit in den Porträts von Otto Dix, Christian Schad und Anton Räderscheidt abgeschlossen und plant ein Forschungsprojekt zum „period room“.
„Ist es nicht schrecklich oberflächlich und banal sich in Kriegszeiten mit Themen wie Mode zu beschäftigen?“ so fragte Dennis Braatz in seinem kürzlich in der Süddeutschen Zeitung erschienen Artikel über das erscheinen von Marina Poroschenko auf dem Cover der Ukrainischen Modezeitschrift ELLE. Wie verhalten sich die Modezeitschriften im Krieg? Wie wird auf den Seiten von hochpreisigen Magazinen, die sich dem Luxus, der Mode und allen „schönen Dingen“ verschrieben habe, die Kriegssituation verhandelt? Am Beispiel von zwei Männermodezeitschriften, der „Herrenwelt“ erschienen 1915-16 in Wien und dem „Herrenjournal“ erschienen bis 1943 in Berlin werden die unterschiedliche visuellen und sprachlichen Strategien untersucht, wie sich Männermodemagazine zum Thema Krieg positionieren.
Eva Klein ist (seit 2009) am Institut für Kunstgeschichte und in der Forschungsstelle Kunstgeschichte Steiermark an der Karl-Franzens-Universität Graz und am Institut für Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig. Diplom Kunstgeschichte, Diplom Kommunikationsdesigns, 2012 Promotion zur Doktorin der Philosophie (Notendurchschnitt 1,0), Dissertation über das Plakat in der Moderne: 2012 mit dem Kunstgeschichte-Alumni-Preis und 2014 mit dem Kunstgeschichte Leistungspreis ausgezeichnet. Forschungsprojekt zur Wandmalerei in der Moderne: 2013 Theodor-Körner-Preis überreicht vom österreichischen Bundespräsidenten. Laufende Projekte: Advertising and Design; PV@Graz. 2012 Anerkennungspreis für forschungsbasierte Lehre, 2013 Lehrpreis „Lehre Ausgezeichnet“. Bereiche: Moderne und zeitgenössische Kunst, Designgeschichte und -theorie, visuelle Kommunikation, Denkmalpflege, politische Kunst.
Installation für die Ausstellung Food for the Mind im Haus der Kunst der Bayerische Staatsgemäldesammlungen/Pinakothek der Moderne, München 2000.
Lehrtätigkeit an der HfG, Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main, 1996. Professur an der Hochschule Hannover im Studiengang Szenografie – Kostüm seit 2002. Seit 2014 Gastdozent an der UdK Berlin im Masterstudiengang MA Choreografie.
Krieg scheint in der modernen Zeit vor allem auch immer ein Krieg der Bilder zu sein. Hierbei stellt die Propaganda ein zentrales strategisches Instrument dar, welches zur Zeit des Nationalsozialismus eine besonders prägnante Ausformung erreicht. Erhaltene Plakate aus jener Zeit zeugen von den visualisierten und massenmedial aufbereiteten, gezielten Botschaften und der von den Künstlern hierfür eingesetzten Ästhetik. Diese gesteuerte Kriegspropaganda bleibt jedoch nicht unreflektiert und stößt bereits unter Zeitgenossen auf heftige Kritik, welche in Form einer Widerstandskunst zum Ausdruck gelangt. Mit der Wiederentdeckung des Wandgemäldes Allegorie der Freunde von Axl Leskoschek aus dem Jahr 1937 tritt ein seltenes Zeugnis des Widerstandes im Bild zutage. Während sämtliche Grafiken, Gemälde und Dokumente der Vernichtung zum Opfer fielen oder schlicht als verschollen gelten, überdauerte das Wandgemälde im Verborgenen hinter Farb- und Tapetenschichten bis heute. In der Gegenüberstellung von NS-Propaganda und Widerstand werden die Strategien sowie deren Umsetzungen im Bild im Kontext eines Krieges aufgezeigt und diskutiert.
Colin Walker, geboren in London, aufgewachsen in der Schweiz, studierte Bühnenbild an der Akademie der Künste in Wien.
Bühnenbilder für Schauspiel und Oper ab 1984 tätig am Schauspielhaus Zürich, Grand Théâtre Genève, Münchner Kammerspiele, Bayerisches Staatsschauspiel, Münchner Volkstheater, Bremer Theater, Thalia Theater Hamburg, Theater am Turm Frankfurt, Städtische Bühnen Frankfurt, DT Deutsches Theater Berlin , Oper Leipzig, Oper Bonn, Staatstheater Stuttgart, Nationaltheater Mannheim, Wiener Festwochen, Ruhrfestspiele, etc.
Szenenbild für den Film Das letzte Band in der Regie von Jean-Claude Kuner und Peter Henning, mit Curt Bois und Sunnyi Melles. Einladungen zu den Festivals Berlinale/Forum 1990 und The Media Art – Exit Art Gallery, NCY 1991.
Installation für die Ausstellung Food for the Mind im Haus der Kunst der Bayerische Staatsgemäldesammlungen/Pinakothek der Moderne, München 2000.
Lehrtätigkeit an der HfG, Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main, 1996. Professur an der Hochschule Hannover im Studiengang Szenografie – Kostüm seit 2002. Seit 2014 Gastdozent an der UdK Berlin im Masterstudiengang MA Choreografie.
In Bezug auf Kriege und Konflikte lassen sich besonders drei Merkmale des Bühnengeschehens skizzieren:
Das Theater reflektiert und überspielt optisch Kriegszustände mit Zeichen der Erinnerung: Die Personen werden in Orte gesetzt, die gezeichnet sind vom Zauber einer einfachen Ästhetik. Die Bühnenbilder und die Szenenbilder sind mehr Chiffren als Orte, eher Installationen als Interaktionen.
Umdeutungen zu Gunsten der Kriegsmaschinerie: Die Agitatoren der Macht bedienen sich inszenatorischer, bühnenwirksamer Zeichen. Ausweitung in die Realität, sodass der Zuschauer zum Beteiligten des Geschehens wird.
Komik als Element der Befreiung: Durch Überhöhung zum Lachen anregen. Makabres ist manchmal komisch und Komisches oft makaber.
Der Vortrag widmet sich der inhaltlichen Zerrissenheit und deren Zeichen auf der Bühne. Damit auch einiger unterschiedlichen visuellen Interpretationen und Bekenntnisse, die durch Bühnenbilder sichtbar werden.
Prof. Dr. Stephan Günzel, Professor für Medientheorie und Studiengangsleiter Game Design an der Berliner Technischen Kunsthochschule sowie Gastdozent an der Universität Klagenfurt; bis 2011 war er Koordinator des Zentrums für Computerspielforschung (DIGAREC) an der Universität Potsdam und Gastprofessor für Raumwissenschaften an der HU-Berlin sowie der Universität Trier. Monographien (Auswahl): Theorien des Raums zur Einführung (Hamburg 2015); Push Start. The Art of Video Games (Hamburg 2014); Egoshooter. Das Raumbild des Computerspiels (Frankfurt a.M./New York); Raum/Bild. Zur Logik des Medialen (Berlin 2011); Herausgaben (Auswahl): Bild. Ein interdisziplinäres Handbuch (Stuttgart/Weimar 2014); Lexikon der Raumphilosophie (Darmstadt 2012); KartenWissen. Territoriale Räume zwischen Bild und Diagramm (Wiesbaden 2012); Raum. Ein interdisziplinäres Handbuch (Stuttgart/Weimar 2010); Raumwissenschaften (Frankfurt a.M. 2009)
Ausgehend von Geschichte und Ästhetik der Computerspiele geht der Beitrag auf die Interdependenzen zwischen beiden ein und beleuchtet vor allem die Nutzung von interaktiven Bildern für die außerspielische – zumeist militärische – Anwendung. Dies reicht von der Aspen Movie Map und das Atari-Spiel Battlezone Anfang der 1980er Jahre bis hin zur Rekrutierungssoftware America‘s Army und der sowohl für Spiele als auch Einsatztrainings verwendbaren Virtual Battlespace-Software der Gegenwart.
Hans-Jörg Kapp, geb. 1964, Regisseur für Musiktheater und Film, studierte Musiktheaterregie und visuelle Kommunikation in Hamburg und lehrt seit 2010 Dramaturgie und Regie im Studiengang Szenografie / Kostüm der Hochschule Hannover. Er arbeitete u.a. mit den Neuen Vokalsolisten Stuttgart zusammen und inszenierte Musiktheater-Uraufführungen von Vadim Karassikov, Wilhelm Killmayer oder Wolfgang von Schweinitz bei der Münchener Biennale, dem Festival Eclat oder in Hamburg auf Kampnagel. Derzeit kuratiert er die Hamburger Produktionsplattform Stimme X. Gastdozenturen führten ihn u.a. an die Universität Hildesheim sowie an die Theaterakademie in Hamburg. Aufsätze zum zeitgenössischen Musiktheater und zum Kino u. a. in Filmwärts, Theater der Zeit, oder bei Transcript.
Die Thematisierung von Augenblickserfahrung und kompositorischer Verdichtung gehören seit der Lyrik Mallarmés zum künstlerischen Rüstzeug der Moderne, so etwa in den Einaktern Hugo von Hofmannsthals, in der frei-atonalen Musik der Wiener Schule oder in Edward Gordon Craigs Entwürfen zur Über-Marionette. Erstaunlich ist dabei dass die Extremwerte dieser Dramaturgien – etwa in Form von Arnold Schönbergs Monodrama „Erwartung“ – bereits einige Jahre vor Kriegausbruch in den Zehner Jahren zu finden sind. Auch wenn man berücksichtigt, dass im Krieg generell weniger Opernaufträge vergeben werden, verwundert es, dass in den Kriegsjahren 1914 bis 18 kein einziges Werk des Musik- und Sprechtheaters uraufgeführt wird, das den Aspekt radikaler kompositorischer Verdichtung thematisiert.
Wir möchten hier ein kunstsoziologisches Argument in die Diskussion einbringen: die Inszenierung von hochverdichteten Augenblicksdramaturgien, wie sie in den Zehner Jahren vorherrschen, erfordern ideale Rezeptionsräume. Bei diesen idealen Erfahrungsräumen handelt es sich etwa um den bürgerlichen Konzertsaal, um die verdunkelbare Guckkastenbühne oder um das von Craig erträumte „Totaltheater“.
Unsere These ist: In den Kriegsjahren 1914 bis 1918 erfolgt die Dekonstruktion des zur Außenwelt hin abgeschotteten, bürgerlichen Aufführungsorts: so schlagen sich plötzlich in der kleinen Besetzung und der Präsentationsform von Igor Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ (1917) Elemente der vorbürgerlichen Wanderbühne nieder und es werden ironisch radikal zeitgenössische Alltagstechniken anzitiert wie in Erik Saties Ballett „Parade“ (1917) in Form von Schreibmaschinenklängen und elektrischen Klingeln.